nd-aktuell.de / 14.08.2010 / Kultur / Seite 10

Gestrichen

Fernsehpreis:

Der Deutsche Fernsehpreis hat einen Ruf. Ein Ruf ist das, was man sehr rasch verlieren kann. Das stellt der Verband deutscher Drehbuchautoren fest und protestiert: Von der Liste der Fernsehpreisträger seien künftig Auszeichnungen für besondere künstlerische Einzelleistungen gestrichen – Drehbücher, Regie, Komposition, Kamera, Szenografie, Kostümbild, Schnitt. Damit werde der Preis »in ein reines Produkt« verwandelt, zum »reinen Reklamespektakel« gemacht.

Jene, die das Besondere und Künstlerische wesentlich ermöglichen, sind offenbar zu unattraktiv für die Glamourshow. Die Prominenz des Augenscheins etabliert sich zur ästhetischen Diktatur? So, wie man Bayreuth nicht mehr ohne Gottschalk denken kann, wenn man nur blöd genug ist – keine Sorge: An der Kräftigung der Blödheit wird intensiv gearbeitet.

Erinnert sei an die vorjährige Leipziger Dokfilmwoche. »Widerstehen Sie!« Rief deren Direktor. Zwei wundervolle Worte. Es war ein Aufruf wider besagte Verblödung durch eine Fernsehpraxis, die sich auf merkwürdig avantgardistische Weise volksnah gibt wie ein besitzanzeigender DDR-Zensor: Das wollen unsere Menschen nicht sehen. Sie wollen auch – so will es ein bestimmer Geist besserwissen – bei einer Preisverleihung keinen der Nicht-Populären hinter der Kamera sehen. Das beschädigt Unterhaltungswerte. Treibt Quoten niederwärts. Wo das Fernsehen schon lange haust.

Aus blinden Sehern, jener klassischen Urform des weisen Menschen, wurden Sinnblinde, die in Sendern Schicksal spielen: Nichts gegen ein Drehbuch, das Tiefe hat – aber es muss primitief sein. Wie künftige Preis-Galas. Alle Redakteure wissen es – nichts ändert sich. Eine Struktur feiert ihren Sieg. Widerstehen Sie! Der Ruf aus Sachsen für Deutschland. Leipzig, schon wieder Heldenstadt? hds