nd-aktuell.de / 10.12.2010 / Politik / Seite 4

Mit Rückgrat

Lorenz Knorr / Der Antifaschist erhält den Menschenrechtspreis der GBM

Christian Klemm

Jedes Jahr wird am 10. Dezember an die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte erinnert. Dieses Dokument, das nur drei Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs verabschiedet wurde, wird weltweit als ein Meilenstein in der Geschichte des Völkerrechts gefeiert. Die Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde (GBM), ein Zusammenschluss von ostdeutschen Wissenschaftlern, Künstlern und Juristen, verleiht jährlich zum Gedenktag einen Menschrechtspreis. Dieses Jahr geht er an den Antifaschisten und Marxisten Lorenz Knorr.

Knorr, heute stolze 89 Jahre alt, ist vielen Linken in der Bundesrepublik ein Begriff. Er diente nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im Afrikakorps der Wehrmacht, hat sich aber während des Krieges aktiv im Widerstand engagiert. Knorr beging Sabotageakte an Rüstungs- und Kriegstransporten und geriet so in die Mühlen der faschistischen Justiz. Er wurde wegen »Wehrkraftzersetzung« verurteilt und zur Strafkompanie abkommandiert.

Lorenz Knorr war bereits Friedensaktivist, als die Friedensbewegung noch in den Kinderschuhen steckte. Vermutlich haben ihn die Erlebnisse als Soldat nachhaltig beeindruckt, denn von seinem kategorischen Nein zum Krieg ist er in seinem weiteren Leben nicht mehr abgerückt. 1960 machte er Front gegen den außenpolitischen Kurs der SPD, die sich damals zur NATO bekannte. Er trat aus der Partei aus und wirkte an der Gründung der Deutschen Friedensunion mit. Erneut musste sich Knorr vor Gericht verantworten: In einer Rede bezeichnete er führende Bundeswehrgenerale als »Hitlergenerale und Massenmörder«. Die Anklage gegen Knorr erhob ein ehemaliger Nazi-Jurist, der jetzt nicht mehr unter dem Hakenkreuz, sondern dem Bundesadler für »Recht und Ordnung« sorgte.

Noch heute ist Knorr, der im tschechischen Eger geboren wurde, in der Friedensbewegung aktiv und äußert sich regelmäßig zu aktuellen politischen Fragen: Am vergangenen Wochenende referierte er zum Beispiel auf dem Kasseler Friedensratschlag über Kräfteverhältnisse zwischen den USA, Europa und China. Im ND griff er mit dem Text »Der deutsche Sonderweg« in die Programmdiskussion der Linkspartei ein.