nd-aktuell.de / 21.05.2011 / Kultur / Seite 32

Kunst der Notwehr. Notwehr der Kunst

Alles fließt, vor allem das Schmelzwasser der erwärmten Bergregionen – als kehre das Gesetz der Natur sich gegen die Natur selbst. Aber es ist die vereinnahmende Natur des Menschen, die groteske Initiativen auslöst: Eine große Plane als jährliche Sommerkleidung für den Gletscher der Zugspitze. Das ist Notwehr, keine Kunstaktion – wie die umstrickte Trauerweide von Ute Lennartz-Lembeck, Mitglied der Remscheider Graffitit-Gruppe »B-Arbeiten«.

Muss irgendwann ein Schutzring um alles gelegt werden, was Berührung mit uns hatte? Die wir den äußersten Schutzring unserer Existenz, die Erdatmosphäre, löchrig wirtschaften. Wir fühlen uns am freiesten, wenn wir nichts mehr respektieren. So wächst ein Verdacht: Wo es ganz still wird, ist Natur nicht unberührt geblieben, sondern durch unsere Besitzergreifungen bereits zum Schweigen gebracht worden.

Wahre Liebe zur Natur folgt einer ganz einfachen Wahrheit: Nur wenn einem nichts zusteht, kann man lange davon zehren.

Hans-Dieter Schütt

Unsere meteorologische Verfassung

Günter Kunert

Sturm und Regen. Gewitter und Hagel.
Ein Bombardement. Die Natur
schickt die leichte Artillerie voraus,
ehe sie über uns herfällt
gnadenlos gleich uns. Während wir
dringlich nach einer Arche
telephonieren.