nd-aktuell.de / 31.05.2011 / Kultur / Seite 14

Kauz mit Grazie

Choynski 75

Schüler sind mitunter versetzungsgefährdet. Dieser Schauspieler wirkte oft verletzungsgefährdet. Seine Gestalten konnten an einer Scheu leiden, die den bitteren Nebeneffekt des Lächerlichen besaß – was die Scheu vergrößerte, aber diese Figuren in einprägsame Momente von unvermutetem Charakter hineinstieß.

Er war in seiner kauzigen Brillanz so etwas wie ein DDR-König der skurrilen Nebenrolle: Carl Heinz Choynski (Foto: Eulenspiegelverlag). So viel purzlige, trudelnde, stolpernde Tragikomik war nie, in Dutzenden Filmen. Er wirkte wie der Überraschungsgast aus jener Narretei, in der die Menschen froh und fröhlich sein wollen, um dann in unserer Realität umso trauriger, einsamer und verwirrter zu wirken. Oder er war der etwas fistelnde Kleingauner, aber auch da zumeist von herzlicher Komik.

Jahrzehntelang war er einer der Kleindarsteller-Barden am Berliner Ensemble – sein niesender Pastor in O'Caseys »Purpurstaub« (1966): unvergessen. Dass eine Verkörperung von so missgeschicksbereiter Provinz, von so staubgrauer Grazie ausgerechnet in New York geboren wurde – es war wohl schon der Beginn aller kommenden Skurrilität.

»Det is nich allet Kunst!«, so heißen – beruhigend, besänftigend – seine Erinnerungen, erschienen in der Eulenspiegel-Verlagsgruppe. Bilanz eines Schauspielers, der im Schatten vieler Plakatfüller seinen Stern leuchten ließ. Das Firmament der Weltkomödie ist auch durch ihn eine helle Gegend.

Heute wird Karl Heinz Choynski 75 Jahre alt. hds