nd-aktuell.de / 29.06.2011 / Ratgeber / Seite 6

Trennungsjahr

Scheidung

Keine sechs Wochen waren seit der Hochzeit vergangen, da reichte die Ehefrau die Scheidung ein, weil sie das Trennungsjahr nicht abwarten könne. Der Grund: Drei Tage nach ihrer Heirat mit einem Amerikaner teilte ihr eine Freundin mit, der frischgebackene Ehemann sitze neben ihr und habe ihr endgültig seine Liebe offenbart.

Für die Ehefrau sei die Beziehung damit gescheitert. Deshalb wäre es für sie eine unzumutbare Härte, das Trennungsjahr abzuwarten, anstatt sich sofort scheiden zu lassen. Eile sei deshalb geboten, weil der Ehemann mit seiner neuen Partnerin bald in die USA ausreisen werde. Sie selbst wolle nach Nepal fliegen, um den Buddhismus zu studieren.

Auch wenn hier ungewöhnliche Umstände vorlägen, rechtfertige das keine vorzeitige Scheidung, erklärte das Oberlandesgericht München. Das Trennungsjahr sei auch dann abzuwarten, wenn das Scheitern der Ehe feststehe und die Lebensplanung der Partner es ausschließe, die eheliche Lebensgemeinschaft wiederherzustellen. Untreue eines Partners reiche nicht aus, um einen besonderen Härtefall anzunehmen. Ein späteres Scheidungsverfahren erfordere auch nicht unbedingt die Anwesenheit der Partner.

Beschluss des OLG München vom 28. Juli 2010, Az. 33 WF 1104/10