nd-aktuell.de / 26.09.2011 / Kultur / Seite 15

MOSEKUNDS MONTAG

WALDESRUH

Wolfgang Hübner
»Diese Hektik in der Stadt«, beklagte sich Herr Mosekund bei einem Bekannten, »man findet überhaupt keine Ruhe mehr. Alles ist so schnell und laut.« – »Dann kommen Sie doch einmal mit in den Wald«, schlug der Bekannte vor, der in der Freizeit zur Jagd ging, »dort sitzt man einfach nur und wartet«. Herr Mosekund nahm das Angebot an, und so verbrachten sie in aller Herrgottsfrühe mehrere angenehme Stunden auf dem Hochsitz, in denen sie schwiegen und nichts, aber auch gar nichts geschah. Dann raschelte es im Gebüsch, und ein Wildschwein kam zum Vorschein. Der Jäger riss sein Gewehr hoch und legte eilig an, doch Herr Mosekund rief: »Ich rate dringend von einem Schnellschuss ab!« Das Wildschwein verschwand, der Jäger tobte. Herr Mosekund empfahl ihm, seinen Blutdruck zu mäßigen, der Jäger tobte noch heftiger. So ruhig, wie er behauptet hatte, dachte Herr Mosekund, ist es im Wald auch wieder nicht.