nd-aktuell.de / 11.04.2012 / Brandenburg / Seite 4

Streiche

Michael Müller / Der Berliner SPD-Vorsitzende kandidiert wieder

Klaus J. Herrmann

Nächtliches Klingeln an privater Tür gilt - verbunden mit sofortiger Flucht - gemeinhin als Dummer-Jungen-Streich. Eier und Farbbeutel zählen zwar schon als Wurfgeschosse, gehören aber längst noch nicht zur ärgsten Sorte. Immerhin schon als Straftat ist ein Einbruch zur Entwendung von Laptops einzuordnen. Doch weckt solch dummes oder kleinkriminelles Tun unter bestimmten Bedingungen eine Aufmerksamkeit weit über seinen Umfang hinaus. Im Regelfall gerade noch unter Polizeinachrichten zu finden, wird es im Fall Michael Müller medial mit Vokabeln von »Schikane« über »Attacke« bis zu »Kampf an allen Fronten« versehen.

Denn Opfer ist der Berliner Stadtentwicklungssenator und Landesvorsitzende der SPD. Michael Müller ist dank solcher Unbill derzeit also weit über seine verantwortungsvollen Ämter hinaus geplagt. Zu allem Überfluss befindet er sich auch noch im Wahlkampf. Bei der Vorstandswahl am 9. Juni will er wieder Vorsitzender werden - also bleiben, was er seit 2004 ist. Nur anonym zitiert wird, dass eben dies des absurden Übels Wurzel sei.

Seit Herbst 2011 wissen seine Genossen um die Absicht des 47-Jährigen. In die Parteiwirklichkeit ist die Erkenntnis aber erst in den vergangenen Wochen so richtig gesickert. Zunehmend stehen nun die Zeichen auf Streit. Dabei hat sich mit dem 37-jährigen Jan Stöß aus dem Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg der vielleicht einzige Gegenkandidat noch nicht einmal erklärt.

Das kann ja noch kommen. Bereits jetzt versucht Raed Saleh als Nachfolger Müllers im Amte des Fraktionsvorsitzenden, auf den Senat Druck von links zu machen. Auf die SPD-Senatoren ist der generelle Verdacht gelenkt, sie könnten wegen ihrer Einbindung in die rot-schwarze Koalition sozialdemokratische Positionen nicht mehr so recht vertreten.

Was dies nun mit Klingelstreichen, Farbbeuteln und Laptops zu tun hat, dürfte niemand plausibel erklären können. Doch stellte sich tatsächlich heraus, dass der Dumme-Jungen-Streich gegen Müller ein sozialdemokratischer war, könnte er nur als ganz arger gegen dessen Partei gelten.