nd-aktuell.de / 30.06.2012 / Politik / Seite 5

Mach mi' fromm, dass i' aufs Schlachtfeld komm

Bundeswehrpropaganda und ein Militärgottesdienst in München lösen Proteste aus

Rolf-Henning Hintze, München
Antimilitaristen besetzten zeitweise eine Kirche und wehren sich gegen soldatische Propagandarituale.

Aus Protest gegen einen ökumenischen Militärgottesdienst ist die Münchner Theatinerkirche am Donnerstagabend von christlichen Pazifisten und atheistischen Antimilitaristen für zwei Stunden besetzt worden. Der Gottesdienst sollte am Freitagnachmittag direkt vor einem »Beförderungsappell« der Bundeswehr stattfinden.

Nach Angaben eines Augenzeugen entrollten ca. 25 Personen am Donnerstag am Ende der Abendmesse um 18 Uhr Transparente mit pazifistischen Zitaten wie »Schwerter zu Pflugscharen« und riefen zu einem Gebet für den Frieden und einem Gespräch über den Frieden auf. Ordensleute des Dominikanischen Konvents sprachen daraufhin von Hausfriedensbruch, verzichteten jedoch auf eine Anzeige. Zwei Stunden später brachen die Protestierenden die Besetzung freiwillig ab.

Der zuständige Kirchenrektor hatte die politische Brisanz seiner Zustimmung zu dem Militärgottesdienst offenbar unterschätzt. Der Gottesdienst - geleitet vom katholischen Militärdekan und der evangelischen Militärdekanin der Bundeswehrhochschule in Neubiberg - sollte unmittelbar einem Beförderungsappell von 573 männlichen und weiblichen Offiziersanwärtern vorausgehen, der erstmals im nahegelegenen Hofgartengelände in Anwesenheit von Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière stattfinden sollte.

Ein Protestaufruf gegen die Veranstaltung am Hofgarten wird von zahlreichen Einzelpersonen unterstützt, u.a. auch vom Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Münchner Stadtrat, Siegfried Benker. Seine Fraktion hat wegen unterschiedlicher Ansichten allerdings nicht Stellung bezogen. Auch der Bayerische Verfassungsrichter und ehemalige Münchner Bürgermeister Klaus Hahnzog (SPD) und Nicole Gohlke, Bundestagsabgeordnete der LINKEN, haben den Aufruf unterzeichnet. Darin wird der Appell als »militärisches Ritual zur Verherrlichung des Soldatentums« kritisiert. Für Freitagnachmittag war eine Protestkundgebung auf dem Odeonsplatz in der Nähe des Hofgartens geplant.