nd-aktuell.de / 28.04.1992 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 6

Die Witze waren gut abgehangen

Peter Hof

Mit derbem Griff in den Nachlaß des abgewickelten DFF hat das ZDF eine neue Show für Günther Emmerlich zusammengeklau(b)t: „Günther und drüber“ war, wie Fernsehzuschauer sich erinnern werden, mal der Untertitel zur erfolgreichen „Showkolade“. Das lockere Mixtum aus unterschiedlichen Unterhaltungsformen ist von jener altlastigen Ost-Bühnenshow abgeguckt. Auch der Regisseur Winfried B. Teubner kommt aus der Adlershofer Erbmasse. Es geht bei Stolte freilich etwas bescheidener zu als früher bei Adameck: sechzig Minuten ohne Ballett und klassische Töne, aber mit der Semper-Haus-Band und mit Tom Pauls aus dem alten Stammensemble, dazu als Gäste neben anderen noch Reinhard Mey und Diether Krebs

(als Alternativdoofer Martin zur Zeit auf allen Kanälen zuhause).

Die traditionelle Fernsehshow ist im Zeitalter der Gameshow aus der Mode gekommen, und auch die Mainzer Anstalt hatte wohl nicht sehr viel Zutrauen zu dieser neuen Sendung ohne Quiz und Spiel. Zumindest schlug sie nach Kräften die Werbetrommel. Im „Sonntagstreff“ am Mittag fragte Dieter Zimmer den Dresdner Bassisten noch nach seiner Stasi-Leidensgeschichte - ohne Mielke geht halt nichts mehr im deutschen Fernsehen.

Jede Folge der neuen Show soll einen thematischen Schwerpunkt haben. Die erste war dem deutschen Humor gewidmet, die Witze waren gut abgehangen, Tucholskys klassische Wendriner-Geschichte

vom Ehepaar, das einen Witz erzählt, wurde von Diether Krebs und Sibylle Nicolai erfolgreich wiederbelebt. Auch die Parlamentarier-Witze aus Bonn trugen Bart. Es ging brav und bieder zu in diesem Sonntagsabendprogramm. Emmerlich machte aber doch insgesamt eine bessere Figur als beim ZDF-Millionenflop „Laß dir Zeit“. Hier war er wieder in seinem Element, durfte drauflosschwadronieren, wenn auch redaktionelle Einfälle wie jener mit dem „Überraschungsgast“ Pit Weyrich eher peinlich und vermeidbar waren. Eine Kammerrevue von einer Stunde ist aber allemal angenehmer zu ertragen als ein Langweiler von hundert Minuten.

PETER HOFF