nd-aktuell.de / 30.04.1992 / Brandenburg / Seite 8

500 Heimkinder zum Besuch eingeladen

Heidi Dieh

Noch stehen die bunten Wagen des traditionsreichen ostdeutschen Privatzirkus in Brandenburg. Am Freitag wird das Chapiteau in Ludwigsfelde aufgebaut, am 4. Mai zieht die Karawane weiter nach Berlin. Dort geht am Dienstag das Licht in der Manege an. Bis zum 17 Mai laden 500 Tiere und 70 Mitarbeiter des Zirkus Groß und Klein ein. Täglich gibt es zwei Vorstellungen auf dem Festplatz am U-Bahnhof Cottbusser Platz im Stadtbezirk Hellersdorf.

Besonders auf die kleinen Besucher sind die Vormittagsveranstaltungen vom 6. bis 8. Mai und vom 11. bis 15. Mai zugeschnitten. Denn dann ist nicht Zirkus im bekannten Sinne angesagt, sondern ein Vormittag für Vorschul- und jüngere Schulkinder, bei dem die Kinder auch selbst in der Manege aktiv werden können und beim Füttern und Pflegen helfen dürfen. Selbstverständlich gibt es auch eine Vorstellung. Und das ganze zum Vorzugspreis von vier Mark. Vorbestellungen sind möglich ab 4. Mai unter Berlin (Ost) 562 82 82 oder an den Vorverkaufsstellen am S-

Bahnhof Springpfuhl sowie am Zirkusgelände.

Eine ganz besondere Offerte macht Zirkus Probst. Er spendiert 500 Heimkindern an einem der genannten Vormittage einen kostenlosen Besuch. Wer das Angebot nutzen will, ruft an unter Berlin 58 31 23 58, 58 31 23 75 oder 58 3123 76.

Was erwartet die Zirkusfreunde? Spezialität des privaten Unternehmens sind zahlreiche Tierdressuren. Darunter die lustige Haustierrevue von Maike & Jörg, die in diesem Jahr beim Zirkusfestival in Monte Carlo gleich zwei Preise erhielt. Natürlich sind auch Raubtiere zu sehen - Bären, Löwen, Tiger. Artisten aus Bulgarien und Polen zeigen ihr Können. Charlie, Lulu und Bubu, die drei Clowns, bringen selbst hartnäckige Muffel zum Lachen.

Probst hat eine lange Familiengeschichte. Sie führt bis ins vorige Jahrhundert zurück. Den jetzigen Zirkus gründete Rudolf Probst, der tatsächlich noch im Zirkuswagen geboren wurde und von sich “sagt, J er hätte das Abitur der Landstraße.

Zusammen mit seiner Frau Monika durchschritt er viele Höhen und Tiefen in 40 Jahren DDR. Die gro-ßen Spielorte waren für ein privates Unternehmen tabu. Dort hatte der Staatszirkus das Vorrecht, und so ist es kein Wunder, daß das renommierte Unternehmen in Berlin ziemlich unbekannt ist.

Alle drei Kinder der Eheleute Rudolf und Monika drei stehen seit ihrer Kindheit in der Manege. Auch bei dem bevorstehenden Gastspiel sind sie dabei. Mercedes zeigt Pferdedressuren, führt durchs Programm, wagt sich gemeinsam mit ihrem Bruder Rüdiger in den Raubtierkäfig. Rüdiger legt obendrein mit Braunbären eine flotte Sohle aufs Parkett und führt Tiere aus vier Kontinenten zusammen vor. Die jüngste, Maike, zeigt mit ihrem Lebenspartner die preisgekrönte Haustierrevue und begeistert vor allem die Kinder mit einer lustigen ; Affenparade. Nachwuchssorgen kennt man bei Probst nicht, die nächste Generation versucht sich schon in der Manege.

HEIDI DIEHL