nd-aktuell.de / 25.11.2003 / Politik

Stoppschild an der Alster

Terrorgefahr: Straßensperren als Dauerzustand

Birgit Gärtner, Hamburg
Während die anderen Parteien Hamburg vor allem mit Pöstchenschiebereien beschäftigt sind, hat Innensenator Dirk Nockemann (Schill-Partei) die Gunst der Stunde genutzt: Er versetzte Teile der Hansestadt in den Ausnahmezustand.
Nach den Anschlägen auf US-amerikanische und britische Einrichtungen in Istanbul in der vergangenen Woche wird verstärkt über die Terrorgefahr in Deutschland diskutiert. Diese Gelegenheit ließ der Hamburger Innensenator Dirk Nockemann nicht ungenutzt verstreichen: Vor dem USA-Konsulat und der diplomatischen Vertretung Großbritanniens sowie vor dem türkischen Konsulat gilt jetzt Alarmstufe Rot. 30 zusätzliche Polizeibeamte wurden für den Rundumschutz der drei Gebäude abgestellt. Bewaffnet mit Maschinenpistolen sind sie im Umkreis von etwa 300 Metern der diplomatischen Vertretungen postiert. Schon seit dem 11. September 2001 ist die Straße an der Alster vor dem USA-Konsulat für Autos gesperrt. Seit einigen Tagen heißt es auch für Fußgänger und Radfahrer: »Durchgang verboten«. Damit wird der beliebte Wanderweg rund um die Alster unterbrochen, die Reaktionen der Passanten sind entsprechend ungehalten. Wenn die Beschäftigten des USA-Konsulats nicht sicher seien, dann müsse das Konsulat geschlossen werden und nicht der Wanderweg, empfahl eine Joggerin im »Hamburger Abendblatt«. Andere bezweifeln die Verhältnismäßigkeit der Absperrung gemessen an der realen Gefahr. Wie lange diese Sicherheitsmaßnahme dauern soll, ist ungewiss. Die Straßensperre für den Autoverkehr ist inzwischen zur Normalität geworden, ebenso wie die zahlreichen Ermittlungsverfahren und die Al-Qaida-Prozesse. Das Durchgangsverbot für Fußgänger wird es sicher bald auch sein. Schnell gerät so in Vergessenheit, dass es einmal anders war. Kaum jemand denkt noch daran, dass im September 2001 ein ganzer Tross von FBI-Agenten die Regentschaft über die polizeilichen Ermittlungen übernahm, nachdem publik geworden war, dass die vermeintlichen Todespiloten in Hamburg gelebt haben sollen. »Es ist nicht bekannt, ob die Beamten inzwischen in die USA zurückgekehrt sind«, erklärte der Hamburger Anwalt Josef Gräßle-Münscher gegenüber dem ND. »Niemand fragt danach und sie selber sind an Öffentlichkeitsarbeit nicht interessiert.«