nd-aktuell.de / 02.11.1993 / Kultur / Seite 13

Er hat keine Angst vor dem aufrechten Gang

Würde sich jemand aus den Fingern saugen, der amerikanische Schauspieler Burt Lancaster sei Kommunist, mit Sicherheit lieferte das den Presse-Schtonks super Schlagzeilen. Ist es nicht verdächtig, daß von dem Manne so viele Filme in osteuropäischen Kinos und im Fernsehen gezeigt wurden? Und warum hat Lancaster tragende Rollen in dem Visconti-Film „Der Leopard“ und in Bertoluccis „1900“ übernommen? Von diesen Regisseuren war doch bekannt, daß sie mehr als nur Sympathisanten der italienischen kommunistischen Partei waren? Hat der Star aus New York nicht die sowjetischamerikanische Dokumentarfilmserie „Die entscheidende Front/Der unbekannte Krieg“ des Moskauer Kommunisten Roman Kannen moderiert und zu seiner weltweiten Verbreitung beigetragen?

Burt Lancaster, der heute seinen 80. Geburtstag begeht, würde solchen Spekulationen mit der ihm eigenen Gelassenheit begegnen. Er ist schließlich mehr als nur eine Illustriertenlegende des amerikanischen Kinos.

Der hochgewachsene Mann mit dem kantigen Gesicht und den durchdringenden blauen Augen begann seine Karriere 1930 als Akrobat und Zirkusartist. Mit seinem Freund Nick Cravat zog er in den drei-ßiger Jahren von Stadt zu Stadt, erfuhr alle Mühsal dieses Berufes. Ein Unfall zwang ihn, als Verkäufer zu arbeiten, als Konzertagent und Warenhausdetektiv. Während des Krieges war er an Fronttheatern in Afrika und Italien eingesetzt.

Ein Hollywood-Produzent entdeckte Lancaster am Broadway und verpflichtete ihn für die Verfilmung des He-

mingway-Romans „Die Killer“ durch Robert Siodmak. Weitere Filme ließen nicht auf sich warten, denn einen Darsteller mit artistischen Fähigkeiten, der obendrein noch ein Mann für viele Zuschauer ist, läßt sich Hollywood nicht entgehen. Doch die Absicht, ihn als Douglas Fairbanks-Nachfolger aufzubauen, als ungestümen Draufgänger und strahlenden Helden, funktionierte nur kurze Zeit. Lancaster wollte nicht nach der Pfeife der Produzenten tanzen und' verordnete Rollenklischees abziehen. Das brachte ihm den Ruf ein, schwierig und streitsüchtig zu sein. Als er erklärte, die meisten Hollywood-Filme seien schlecht und unwahr und er werde bessere machen, in denen Menschen auftreten, keine Pappfiguren, trat er voll ins Fettnäpfchen und beleidigte heilige Kühe.