nd-aktuell.de / 03.12.2003 / Kommentare

Die sichere Meile

Rainer Funke
Dass die gute alte Story vom Sturm auf den Sitzungssaal der Stadtverordnetenversammlung aus dem Jahre 1948 noch heute dafür herhalten muss, die Bannmeile zu rechtfertigen, ist ein ziemlicher Unfug, fußt aber nicht auf der Einfallslosigkeit im Büro des Parlamentspräsidenten. Es zeugt vielmehr davon, dass es keinen wirklich nachvollziehbaren Grund gibt, das Gesetz aufrechtzuerhalten. Außer dem einen vielleicht, dass manch regierende wie auch opponierende Parlamentarier nicht gewillt sind, sich irgendeinem Wählerprotest zu stellen. Das wäre auch einleuchtend, weil nicht gerade wenige Politiker den Wähler nur in Wahlzeiten ernst nehmen. Für den Rest der Legislaturperiode schottet man sich allzu gern ab. Politiker umschreiben den Vorgang damit, einen politischen Raum zu benötigen, in dem sie unbeeinflusst und ungestört entscheiden können. Dass die PDS-Fraktion auf den derzeitigen gesetzlichen Regelungen beharrt und wider eigene Einsicht gegen den Grünen-Antrag stimmen will, den Bannkreis abzuschaffen, folgt politischer Logik und Vernunft. Denn eines steht fest: Der Senat hat andere Sorgen und Aufgaben, als sich über Sicherheitsmeilen zu streiten und zu entzweien. Ähnliche und anno dazumal als bedrohlich empfundene Situationen hat es so nicht mehr geben. Auch jetzt sind keine Anzeichen in Sicht. Selbst wenn, würde das Versammlungsrecht beim Nahen eines unzüchtigen Aufruhrs alle Möglichkeiten bieten, dem Hohen Haus und den Abgeordneten ihren Frieden zu sichern. In diesem Sinne handelt es sich um einen typischen Fall von Eile mit Weile.