nd-aktuell.de / 17.02.1994 / Politik / Seite 5

WGT-Erklärung „schlichtweg nicht glaubwürdig“

Reuter/dp

Wegen des ungeklärten Verbleibs von 81 040 Tonnen Munition der Westgruppe der russischen Streitkräfte (WGT) in den neuen Bundesländern ist es zu Unstimmigkeiten zwischen Deutschland und Rußland gekommen. Die Erklärung des WGT-Oberkommandierenden, Burlakow, die Sprengkörper seien in den letzten drei Jahren zu Übungszwecken verschossen worden, sei nicht glaubhaft, sagte ein Sprecher des Bundeswehr-Verbindungskommandos am Mittwoch. 1992 hätten die WGT einen Muni-

tionsbestand von 677 000 Tonnen angegeben. Bereinigt um die Transporte nach Rußland gebe es nun diesen rechnerischen“ Fehlbestand. ,,.'„ :....

Ein glaubwürdiger Nachweis über den Verbleib der über 80 000 Tonnen habe man bei Burlakow mehrfach „erbeten und abverlangt“, sagte der Sprecher des Verbindungskommandos, Fregattenkapitän Heermeyer. Die Zusicherung des WGT-Oberkommandierenden, es werde nichts zurückbleiben, reiche aber allein nicht aus. „Solange der Verbleib nicht geklärt ist, ist man

hier im Haus der Auffassung, daß es ein Restrisiko gibt“, sagte Heermeyer. Schon das Übungsverhalten der personell und technisch äüsgedühri-.. ten WGT zeige, da« die Erklärung, die Munition sei verschossen worden, „schlichtweg nicht glaubwürdig ist“. In Bundeswehrkreisen wurde darauf verwiesen, daß zum Vergleich die deutschen Streitkräfte 1991 weniger als 15 000 Tonnen Munition zu Übungszwecken verschossen hätten. Es gebe viele mögliche Erklärungen über den Verbleib der Munition, sagte

Heermeyer. Er wolle darüber aber nicht spekulieren.

.. Heermeyer wies darauf hjn,, daß die WGT beanträgt hatte, rund 75 000 Tonnen Munition in Deutschland zu vernichten, was die Bundesregierung aber abgelehnt habe. Derzeit seien nach glaubwürdigen russischen Angaben noch weniger als 10 000 Tonnen Munition in zwei WGT-Lagern gebunkert. Diese sollten bis zum Ende des Abzugs, am 31. August, außer Landes gebracht werden. Von Seiten der WGT gab es zunächst keinen Kommentar.

Reuter/ND