nd-aktuell.de / 06.12.1994 / Politik / Seite 7

Von den Zwangsmaßnahmen sind Ausländer betroffen, auch wenn sie sich nichts zu-

schaffen werden, schreibt man Rassismus fest.

Rassismus und Nationalismus werden wieder salonfähig - wie Sie auch im Zusammenhang mit der deutschen Einheit befürchteten.

Die „Ideen von 1914“ spielen in der politischen Philosophie eine sehr große Rolle. 1914 haben in Deutschland mit wenigen großen Ausnahmen alle In-

der deutschen Geschichte liegen könnte.

Sind wir seit Zusammenbruch des autoritären Sozialismus nicht dauernd konfrontiert mit dem, was Sie negative Kontinuität nennen?

Gewiß. Der Historikerstreit in Deutschland oder der um den Herrn Nölte, das sind bedenkliche Zeichen für diese historische Kontinuität.

geber. Soziale Probleme - und das Drogenproblem etwa ist ein solches - können aber nicht mit Zwangsmaßnahmen gelöst werden. Will man den Dealern das Handwerk legen, müssen die Drogen insofern legalisiert werden, als der Staat sie kontrolliert abgibt.

Die Zwangsmaßnahmen sollen letztlich die Schweiz für Ausländer unattraktiv machen. Das reiht sich ein in die Politik der „Festung Europa“. Oder wie Sie schrieben: „Die Nation ist das Opium für das Volk im 20. Jahrhundert, und im Nationalismus offenbart sich die Politik als Drogenhändlerin.“

Wenn man zurückschaut, was der Nationalismus in unserem Jahrhundert alles angerichtet hat, wie er die Menschen kriegsbesoffen macht man muß wohl zur Auffassung gelangen, daß er das größte Unheil war und immer noch ist. Siehe Ex-Jugoslawien.

Und dieser negativen Kontinuität möchten Sie die positive der Trikolore entgegenhalten: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit als Kinder der Aufklärung?

In den letzten Jahrzehnten hat die bürgerliche Demokratie, für mich nur eine halbe, schlecht und recht, manchmal auch recht gut funktioniert. Aber ob sie in einem besonders kritischen Moment hält, muß sich erst noch erweisen.