nd-aktuell.de / 01.02.1995 / Kultur

Geständnis und Reue vor Gericht

de dann bei der Strafzumessung zu seinen Gunsten zu Buche schlagen?

Eine generelle Antwort darauf gibt es nicht. Unter Umständen kann der Verteidiger nach Akteneinsicht eine Empfehlung für das prozessual angemessene Verhalten geben.

Gute Vorsätze und der Richter

Natürlich weiß ein erfahrener Richter auch, daß Reue vorgetäuscht sein kann und daß generell auf „gute Vorsätze“ nicht immer viel zu geben ist. Trotz ernstgemeinter ehrlicher Absicht, nicht wieder straffällig zu werden, gelingt dies im Alltag mit seinen vielfältigen Widrigkeiten doch nicht immer.

Unter dem Gesichtspunkt der Reue ist Vorsicht gegenüber solcher im Gerichtssaal nicht gerade selten zu hörenden Frage am Platz, wie der Angeklagte heute zu seiner (u.U. lange zurückliegenden) Tat steht.

Eine heute bekundete Reue sagt nichts über ein Unrechtsbewußtsein zur Tatzeit aus. Mitunter läuft eine derartige Frage auch darauf hinaus, im nachhinein ein Schuldeingeständnis und damit auch ein angeblich damals vorhanden gewesenes Unrechtsbewußtsein hören zu wollen.

Anrechnung der Untersuchungshaft

Die Anrechnung erlittener Untersuchungshaft auf eine ausgesprochene Freiheitsstrafe (auch wenn auf Aussetzung zur Bewährung erkannt wird), aber auch auf eine Geldstrafe (nach der Anzahl der Tagessätze) ist in § 51 StGB grundsätzlich vorgesehen. Das Gericht kann jedoch anordnen, daß solche Anrechnung ganz oder teilweise unterbleibt, -wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach der Tat nicht gerechtfertigt ist.“

Lange Dauer kann strafmildernd sein

Obzwar gesetzlich nicht geregelt, wird durch höchstrichterliche Rechtsprechung anerkannt, daß auch eine überlange Dauer des Strafverfahrens strafmildernd zu berücksichtigen ist.