nd-aktuell.de / 11.07.1995 / Politik / Seite 1

Eggert scheidet aus allen Amtern

Rücktritt als Sachsen-Minister und CDU-Vize / Keine Klage gegen Sex-Vorwürfe Von MARCEL BRAUMANN, Dresden

Sachsens Innenminister Heinz Eggert trat am Montag nach wochenlanger öffentlicher Debatte um Vorwürfe sexueller Belästigung von Mitarbeitern von seinem Regierungsposten im Freistaat wie auch als stellvertretender Vorsitzender der ßundes-CDU zurück. Sein Mandat im sächsischen Landtag will Eggert jedoch behalten.

Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf zeigte sich „traurig“ über den Rücktrittswunsch seines Innenministers, dem er gleichwohl entsprochen hat. Gleichzeitig zweifelte Biedenkopf erstmals öffentlich die Seriosität der Anschuldigungen angeblicher sexueller Belästigung an, die überwiegend ehemalige Mitarbeiter erhoben hatten. Wer wie Eggerts

früherer Redenschreiber Uwe Seifert erst 1995 Anstoß an vermeintlichen Vorfällen aus den Jahren 1992 und 1993 nehme, nach denen er noch um Verlängerung seines Dienstverhältnisses nachgesucht hatte, verhalte sich „unverständlich“

Durch die Untersuchungen des einstigen Landesarbeitsgerichtspräsidenten Dirk Neu-

mann hat Biedenkopf „keine zusätzlichen Erkenntnisse gewonnen“. Eggerts Innenministerium leitet bis zur Regelung der Nachfolge weiterhin, wie schon seit der Beurlaubung vor einigen Wochen, Justizminister Steffen Heitmann.

Eggert, der gestern eine eigene Pressekonferenz abhielt, will sich erst mal von führenden politischen Ämtern fernhalten. Er sei, so in seiner Rücktrittserklärung, „noch nie so erniedrigt und entwürdigt worden“ wie in der letzten Zeit und müsse zunächst Abstand gewinnen. Die öffentliche Diskussion habe ihn chancenlos gemacht, da ihm „das Gesicht

zerschlagen“ worden sei. Er werde trotzdem keine gerichtlichen Schritte gegen seine ehemaligen Mitarbeiter einleiten, da das Ganze nicht beweis- und belegbar sei.

SPD-Fraktionschef Karl-Heinz Kunckel begrüßte zwar den Rücktritt, sieht aber mit Blick auf die Rolle des Ministerpräsidenten weiter Aufklärungsbedarf. Der frühere PDS-Fraktipnsvorsitzende Klaus Bartl „bedauert,, daß Eggert nicht bis zu einer rechtsverbindlichen Klärung durchgehalten hat.“ Ihm widerfahre nun selber „leider das Schicksal, das er anderen zuteil werden ließ“.