nd-aktuell.de / 16.11.1995 / Politik / Seite 5

Ruf nach einem neuen Dezernat

Und da sieht Schwierz durchaus Handlungsbedarf, denn Neuruppin als regionales Entwicklungszentrum bedürfe besonderer Förderung. Nicht daß er Theel persönlich etwas vorwerfen wolle, aber angesichts der Vielzahl seiner Aufgaben sei er offensichtlich überlastet. Dafür könne er Einzelbeispiele bringen, „aber eigentlich ergibt

erst die Komplexität der Dinge das richtige Bild“

Reinhard Sommerfeld, Fraktionsvorsitzender der CDU, wird konkreter. Er verweist auf die katastrophale Finanzlage der Stadt, für deren Konsolidierung alle Kraft einzusetzen sei. Insbesondere ginge es um Gewinnung von Investoren, die Steuern brächten. Da stagniere die Entwicklung. Was sich bisher in Neuruppin angesiedelt habe, sei von außen gekommen - das Arbeitsamt, diverse Gerichte, Landesbehörden. Irgendwann wäre damit Schluß; deshalb müsse mehr von innen entwickelt werden. Er weiß: „Das geht nicht von heute auf morgen. Und das erfordert Manpower.“ Unter Hinweis darauf, daß dem Bürgermeister auch das Hauptamt und die Kämmerei unterstellt sind, beantragten CDU und SPD Anfang November, ihm die Wirtschaftsförderung zu entziehen und dafür ein eigenständiges Dezernat zu bilden und entsprechend auszuschreiben.

Dieses Begehren scheiterte zunächst an Formalien, denn nach der Gemeindeordnung entscheidet der Bürgermeister über die Organisation der Verwaltung. Außerdem waren in der Neuruppiner Stadtverordnetenversammlung die Meinungen geteilt. Die PDS hält ein zusätzliches Dezernat schon aus Kostengründen für überflüssig. Außerdem befürchtet sie wohl eine schrittweise Entmachtung „ihres“ Bürgermeisters. Das Bürgerbündnis, das bei Theel für Anliegen des Umweltschutzes oft ein offenes Ohr fand, was nach Einschätzung von Sommerfeld Investoren nicht gerade anzieht, brachte schließlich einen Kompromißvorschlag ein, nach dem der Bürgermeister beauftragt wird, möglichst schnell selbst ein Konzept für die Lösung des Problems vorzulegen. Denn in diesem Punkte waren sich alle Stadtverordneten einig: Die Wirtschaftsförderung in Neuruppin muß besser funktionieren.

Otto Theel, ein auf Ausgleich und Harmonie bedachter Mensch, stimmt da voll zu und verweist auf die bei fast 14 Prozent liegende Arbeitslosigkeit in der Stadt. Er warnt jedoch vor der Vorstellung, ein Großinvestor „etwa in Gestalt eines

Cleverle,.,eine Späthle“ würde alles richten. Bestimmte Wünsche der Stadtparlamentarier hält er für überzogen. Aber er räumt auch ein, daß er zum einen zeitlich stark eingebunden sei, zum anderen eine effiziente Wirtschaftsförderung aus einer Verwaltung heraus schwer zu machen wäre.