nd-aktuell.de / 16.11.1995 / Brandenburg / Seite 17

Schulden der Stadt sind Sahne der Banken

Starker Gewinnanstieg bei der Berliner Bankgesellschaft läßt Aktionäre frohlocken

Es gibt nicht nur Negativinformationen über die dramatische Finanzlage der Stadt. Auch herzerfrischend Gutes läßt sich aus Berlin vermelden. Der Finanzkonzern Bankgesellschaft Berlin AG - ein Zusammenschluß von Berliner Kredit- und Finanzinstituten hat in diesem Jahr wieder kräftig Gewinn gemacht.

Mit 668 Millionen Mark lag das Konzernbetriebsergebnis in den ersten neun Monaten um 59,4 Prozent über dem entsprechenden Vorjahresresultat. Im letzten Jahr wurden für diesen Zeitraum 419 Millionen Mark eingefahren. Das dürfte dann auch die Aktionäre freuen, denn ihre Dividende, die

derzeit bei 11 Mark liegt, wird weiter nach oben schnellen. Wie hoch, gehört noch zu den Bankgeheimnissen, doch wird mit Sicherheit mehr als 50 Pfennig aufgesattelt, wie Vorstandssprecher Wolfgang Steinriede vor der Presse erklärte. Die Bilanzsumme des Konzerns liegt jetzt bei rund 270 Milliarden Mark, was eine Steigerung im Vergleich zu den ersten neun Vorjahresmonaten um 9,5 Prozent bedeutet.

Zufriedene Gesichter also auf der Chefetage des Konzerns, was sich auch bei der gestrigen Bilanzpressekonferenz niederschlug. Zur Creme des Bankimperiums gehören Edzard Reuter als Vorsitzender

des Aufsichtsrates, der gleichzeitig Mitglied des Aufsichtsrates der Daimler-Benz AG ist, und Klaus Landowsky als Mitglied des Vorstandes, womit auch der Draht zur politischen Macht der Stadt gezogen ist.

Stirnrunzeln gab es beim Vorstandssprecher nur für die jüngsten Meldungen, wonach sich Berliner Banken durch das Ende der DDR schamlos bereichert hätten. Er wies den Vorwurf überhöhter Zinsen bei den Ostberliner Wohnungsbaugesellschaften energisch zurück. Auch bei der Übernahme der Berliner Stadtbank, bei dem der Konzern 49 Millionen Mark hinblätterte, sei alles ordentlich gelaufen. Die

100-Millionenforderung für den Fall, daß die Berliner Bank nicht an die Bankgesellschaft falle, sei normal, da man genügend Vorausleistungen erbracht habe. Doch habe sich die Zahlung erübrigt, da die Transaktion ja zustande kam.

Ostberlin ist für die Finanzwelt noch finsterste Prärie. Das aber wird sich jetzt ändern, wenn Teile des Konzern in das Haus am Alexanderplatz übersiedeln. Nun kann selbst der obdachlose Sozialhilfeempfänger, wenn er unter der Weltzeituhr seine Nachtruhe sucht, mit ruhigem Gewissen sagen, daß er auf Tuchfühlung zum großen Kapital gegangen ist.

PETER KIRSCHEY