nd-aktuell.de / 17.11.1995 / Kultur / Seite 12

Wozu der Heiligenschein?

stets mit der großen Pose der Verteidigung gegen eine angeblich bisher geltende Meinung, die natürlich von mißgünstigen Männern ausging. Danach war die Colet eine raffinierte Lebedame und eher unbedeutende Dichterin, die auf einflußreiche Beziehungen und den Geschmack des Zeitgeists setzte. Flaubert war beileibe nicht ihr einziger Liebhaber, aber der, der für die

Von GRET HOFMANN

Francine du Plessix Gray: Was wir träumen, wenn wir lieben. Das Leben der Louise Colet - Literatin, Feministin. Geliebte Flauberts. Kindler Verlag München. 542 S., geb., 48 DM.

Nachwelt noch interessant ist. Ihr politisches Engagement war in sich widersprüchlich, aber nie ohne Pose.

Das ungewollt Komische am Buch ist, wie die Autorin diese Meinung mit Eifer zu widerlegen sucht, aber kraft der gefundenen Fakten und Belege dieses Bild nicht wesentlich ändern kann. Was Francine du Plessix Gray aus Colets Dichtung zitiert, ist schwülstig, sentimental oder in der Art besserwisserischer Schönrederei.

Die meisten Affären der Colet waren nicht frei von Berechnung, Oberflächlichkeit und in der Laune einer verwöhnten Frau, obwohl die Colet auch materielle Sorgen kannte. Sie war so, und wer sie deshalb