nd-aktuell.de / 18.11.1995 / Brandenburg / Seite 17

Weiterem Stück Alt-Berlin droht Abriß

Dussmann-Gruppe änderte Pläne für Firmensitz an der Friedrichstraße: Fassade soll weg

Für die Investoren an der Friedrichstraße gilt offenbar das Domino-Prinzip: Fällt eine Fassade, ist auch die nächste nicht mehr zu halten. Nachdem vor einer Woche für den „Hofgarten am Gendarmenmarkt“ der Altbau Friedrichstraße 79 a geschleift wurde, will jetzt auch die Dussmann-Gruppe dem bereits bis auf die Außenmauern entkernten Bau an der Mittelstraße 8 den Rest geben. Beim Bezirksamt Mitte wurde Abrißantrag gestellt.

„Wir hätten die Fassade gern erhalten, aber die Bausubstanz ist zu marode“, begründet Pressesprecher Hans Schulz den Sinneswandel. Über eine Million Mark habe man bereits investiert, um den hohlen Zahn zu stützen. „Das Mauerwerk ist porös wie Zigarettenasche, langsam sackt es zusammen“ Wie bei der Friedrichstraße 79 a hatte auch hier ein Gutachten ursprünglich bescheinigt, daß die Fassade zu erhalten ist. Es habe sich aber nicht auf den Keller bezogen. „An den kamen wir nicht ran, er war zugeschüttet“, so die etwas merkwürdige Begründung von Schulz für die unvollständige Bewertung.

ders günstig stehen die Chancen für den Erhalt des Fragments aber nicht. Der in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts errichtete Bau steht nicht unter Denkmalsschutz, und der Bürgermeister kann nur mit Ordnungsmaßnahmen und dem Neuaufrollen des Genehmigungsverfahrens drohen.

Das würde den Zeitplan für das Dussmann-Projekt erheblich durcheinander bringen. Schon jetzt hat man ein halbes Jahr verloren. Bis zum Frühjahr 1997 sollte ursprünglich der neue achtgeschossige Dussniann-Firmensitz fertig sein, den hohlen Zahn wollte man in den Neubau implantieren. Zu dem Komplex gehören auch drei weitere Altbauten an der Dorotheenstraße, mit deren Rekonstruktion Dussmann immerhin guten Willen beweist. An der Mittelstraße aber bleibt er hart: „Wir werden prüfen, ob wir vor Gericht gehen“, kündigte Schulz die weiteren Schritte an. Oder man wendet sich einfach an den Senat, Der gab auch für den Abriß der Friedrichstraße 79 a grünes Licht.