nd-aktuell.de / 27.02.1996 / Politik / Seite 1

Unfall in Jerusalem – Fahrer erschossen

Passanten vermuteten neues Attentat / PLO-Polizei nahm 60 Hamas-Kämpfer fest

Jerusalem (dpa/Reuter/ND). Zwei Menschen kamen ums Leben, als am Montag nachmittag ein arabischer Tourist mit einem Mietwagen an einer Bushaltestelle in Jerusalem in eine Reihe von Wartenden 'raste. 15 weitere Personen wurden verletzt. Der Fahrer wurde von Passanten erschossen, die nach den Attentaten vom Vortag im Wagen eine Bombe vermuteten.

Doch der Jerusalemer Polizeichef Arye Amit sagte, lange Bremsspuren zeigten, daß der Fahrer eine Vollbremsung versucht habe, als er auf dem regenassen Asphalt die Gewalt über seinen Wagen verloren hatte. Mindestens einer der

Verletzten wurde durch Schüsse getroffen, die dem Fahrer galten.

Der Zwischenfall geschah im Viertel French Hill an der Grenze zwischen den jüdischen und arabischen Teilen Jerusalems. Am Vortag waren bei zwei Anschlägen in Jerusalem und in der Hafenstadt Aschkalon 27 Menschen getötet und 80 verletzt worden. Zu diesen Anschlägen hatte sich die fundamentalistische Hamas-Organisation bekannt.

Gestern nahm die Palästinenserpolizei mehr als 60 mutmaßliche Hamas-Kämpfer fest. Sie stünden im Verdacht, Verbindungen zur Kampfgruppe

der Hamas, den Kassem-Brigaden, zu haben, verlautete aus PLO-Kreisen. Außerdem hätten sie möglicherweise Informationen über Personen, die direkt in die Attentate vom Sonntag verwickelt waren.

Israel und die USA hatten Palästinenserpräsident Yasser Arafat aufgefordert, härter gegen die Hamas vorzugehen. Die Bewegung bekämpft die Aussöhnung zwischen Israel und den Palästinensern. US-Außenminister Warren Christopher telefonierte nach den Anschlägen mit dem israelischen Premier Shimon Peres und Arafat. Außerdem sprach US-Präsident Bill Clinton mit Peres. Dieser wie auch Arafat

erklärten, daß sie am Friedensprozeß festhalten.

Bundespräsident Roman Herzog verurteilte die Attentate als „barbarischen Akt gegen Menschenleben und Menschlichkeit“. In einem Telegramm an den israelischen Staatspräsidenten Ezer Weizman mahnte er, die Anschläge sollten aber „die Mehrheit gutmeinender und auf Frieden bedachter Politiker und Bürger auf ihrem Pfad des Ausgleichs anspornen“ Auch Moskau verurteilte die Anschläge.

Syrien forderte Israel unterdes auf, weiter auf einen umfassenden Frieden hinzuarbeiten und die Gewalt in der Region zu beenden.