nd-aktuell.de / 27.02.1996 / Politik / Seite 5

Schiffeversenken

kam gleich angerannt und tätschelte ihnen die Schultern. Das fand er nämlich prima, daß die Arbeiter das Restkapital für den Konkursverwalter zusammenhalten.

Als ähnlich zuverlässig haben sich die Klassenbrüder in Bremen erwiesen. „Die .Werftis'“ - so der sprachmächtige „Stern“ -, „muskelbepackte Malocher, die anpacken und zulangen können, wie sonst keine Berufsgruppe weit und breit, blieben friedlich und diszipliniert“, obwohl man in der Commerzbank bereits unter feuchten Höschen litt. So verliebt in ihre Chefetage sind „die Werftis“ also vielleicht doch nicht, daß sie „zulangen“ und die 220 Millionen aus der Commerzbank herausholen, damit ihr Vorstand weiterwurschteln kann.

Das wäre auch ganz dumm von denen, die Bank zu demolieren oder den Ex-Vorständler Friedrich Hennemann mit einem Schubs vom Stapel laufen zu lassen! Denn wie man es auch dreht und wendet:

Der wahre Feind des deutschen Arbeitsmannes sitzt im Osten. Nur durch die Angliederung der Ostprovinzen ist die Kapazität der Werftindustrie so groß geworden, daß die Arbeit nicht einmal mehr für die Wessis reicht. Da war man zu zimperlich mit der einzuverleibenden Bevölkerung. Bei Textilarbeitern, Chemiearbeitern, Werkzeugmaschinenbauern hat das doch auch wunderbar geklappt: als Produzenten erledigt, als Konsumenten erhalten.

Das Versäumnis hatte Folgen. Schlimmste Ossimentalität machte sich breit: Je schlechter in Bremen die Lage wurde, desto lustiger klatschte man auf den Pudding. Ein „maritimer Technologiekonzern“ sollte die Bude werden. Etwa so, wie in der DDR aus einem Stückchen Kupferdraht ein Mikrochip gemacht wurde. In Bremen rackerte man wie im tiefsten Sozialismus - wenn man für eine Mark Schiffchen verkaufte, mußte man dreißig Pfennige drauflegen. Bekanntlich ist die Zone daran zugrundegegangen. Der Stadtstaat Bremen gibt sich optimistisch, noch bis Ostern. Nach dem Zusammenbruch soll ein Runder Tisch die Macht übernehmen - mit dem Modernisierer Edzard Reuter, dem maritimen Hennemann und dem von Haft verschonten Konkursverschlepper Otto. Spitzenkräfte des Kapitals allesamt! Da sitzen sie dann und warten auf Dr. Schneider...

Bei den Ossis bricht indes der Egoismus durch. Die an der Ost-Küste wollen doch tatsächlich ihre geklauten Millionen zurück! Dann könnten die Bremer nur noch „Schiffeversenken“ spielen. Deshalb ist für Rexrodt die Forderung nach Rückzahlung eine „Unsinnsforderung“ Recht hat er- Die Deutsche Einheit muß ihren Sinn bewahren - geklaut ist geklaut.