nd-aktuell.de / 27.02.1996 / Politik / Seite 5

Wer kennt die Wahrheit?

Dabei gehe es nicht allein um die Frage nach der historischen Wahrheit, sondern auch

darum, den Gegensatz von Demokratischem Sozialismus und Kommunismus herauszuarbeiten, sagte der SPD-Landesvorsitzende, Harald Ringstorff. Für ihn legitimiert die Tatsache, daß eine freie Abstimmung der SPD-Mitglieder durch die sowjetische Militärbesatzung verhindert wurde, den Begriff des Zwanges. „Das muß ganz deutlich gemacht werden“, erklärte er. Er hofft, daß die Studie dazu beitragen kaiTn, die sozialdemokratischen Wurzeln in Mecklenburg-Vorpommern wiederzufinden. Die Frage „freiwillige oder zwangsweise Vereinigung“ ist nach den Worten des SPD-Landesvorsitzenden längst zum Spielball parteipolitischer Interessen von CDU und PDS geworden. Die Christdemokraten versuchten dabei

immer wieder, den Sozialdemokraten zu unterstellen, sie steuerten auf eine „Volksfront von SPD und PDS“ zu.

Unter Hinweis auf die Erklärung der Historischen Kommission der PDS spricht Ringstorff den demokratischen Sozialisten eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Geschichte ab. Die PDS setze damit die in der DDR betriebene historische Legitimationswissenschaft fort. Zwar werde auch in dieser Partei von „Druck“ geredet, unter dem die Gegner der Vereinigung standen, für die „volle Wahrheit“ von Täuschung, Zwang und Repression sei die PDS aber augenscheinlich noch nicht reif.

„Eine Partei, die zu einer ehrlichen Aufarbeitung nicht

in der Lage oder nicht bereit ist, kann nicht für sich in Anspruch nehmen, die Zukunft gestalten zu wollen“, meinte Ringstorff. In Deutschland könne es nur eine Partei, nämlich die SPD, geben, die glaubwürdig dem großen Ziel des demokratischen Sozialismus verpflichtet ist.