nd-aktuell.de / 03.04.1997 / Politik / Seite 12

Das Wetter in Deutschland heute

Studenten im Kommen von POLLY

Es gibt ungelöste Fragen, die zwar latent in meinem Hinterkopf kreisten, aber nie handfeste Nachforschungen zeitigten. Dazu gehörten bislang die Prinzipien, nach denen Probanden für »repräsentative« Umfragen mit skurrilen bis hockst fragwürdigen Ergebnissen gewonnen werden. Radiohören schütze vor Krebs, der Verzehhr von Ketchup bilde die Persönlichkeit - es mag auch umgekehrt gewesen sein. Jetzt aber will ich endlich die Antwort wissen.

Anlaß für meine drängende Unruhe ist eine Erhebung an deutschen Universitäten im Auftrage eines meist verdeckt gehandelten

Hochglanzmagazins, dessen Mitarbeiterinnen unter akutem Textilienmangel leiden und sich dessen auch noch offen'lieh brüsten. Während andernorts lediglich das wissenschaftliche Treiben der Damen und Herren Studiosi interessiert, kam diese Umfrage unverschämt direkt auf den Punkt. 3000 Angehörige der Spezies Student sollten über ihr Kopulationsverhalten Auskunft geben.

Seit gemeinsamer Analyse der Ergebnisse wird in unserer Männer-WG Trübsal geblasen. Wir hatten nie vor, während unserer neun Regelsemester mehr als 21 Kommilitoninnen zu beglükken, wie es jeder vierte befragte Bremer Student zu tun vorgibt. Aber was hat uns ausgerechnet an die Humboldt-Uni im Berliner Osten getrieben, dieses sexuelle Notstandsgebiet sondergleichen, wo trotz intimer Nähe in rappelvollen Hörsälen nur jeder fünfte

Studierende mehrmals täglich kommt! Warum hat uns niemand gesagt, daß die Statistik nur eine weitere S-Bahnstunde westwärts schon jedem Dritten den täglichen multiplen Höhepunkt zugesteht?! Zwar ist die Berliner FU nur dritterotischste Uni im Lande.* Wir hätten uns damit zufriedengegeben - wilder Bettfreuden zuliebe ausgerechnet nach Münster zu gehen, wäre denn doch etwas zuviel gewesen.

Toby ist deprimiert, hat er sich durch den Interruptus des Studiums doch selbst um so manchen universitären Koitus gebracht. Ich aber, der ich bieder, brav und ohne Höhepunkte zum Magister wurde, will jetzt wissen, wer da durch unverschämtes Protzen mit Nummern meine damaligen Augenringe in Mißkredit bringt und die Erklärung für das Phänomen Langzeitstudent ausgerechnet zwischen Bettlaken sucht.