nd-aktuell.de / 07.04.1998 / Politik / Seite 19

Hussels »Hammerschlag«

Zan Polio Theater zeigt das Stück eines Malers Von Siegfried Heidemann

Die Gestalten, sofern sie überhaupt benannt sind, heißen Herr Grün oder Blau oder Fräulein Rosa. Vom Rapsblühen und Alpenglühen ist die Rede, und im Kontrast zu letzterem schlagen Flammen hoch. Eine bewundernswürdige Bühnenrealisation mit wehenden roten und gelben Tüchern in der Regie und dem Bühnenbild von Peter Schöttle.

Autor des Stücks ist ein Maler Kein Wunder, daß er Farben liebt, auch wenn er sich der Literatur verschreibt. Vor allem als Buchgestalter hat sich Horst Hussel (Jahrgang 1934) einen Namen ge-

macht. Manch »Schönstes Buch« stammt aus seinem Atelier in der Kollwitzstraße. Aber solcher Umgang verführte ihn auch zu gelegentlicher Herausgeberrolle. Und wer Bücher eines Paul Scheebart ausstattet, kommt, ist er polymusisch begabt, eben auch selbst zum Schreiben. Hussel ist so begabt, spielt auch Cembalo und komponiert.

Der Eulenspiegel-Verlag brachte in den 80er Jahren »Briviera« von ihm heraus. Die Friedenauer Presse, ein traditionsreicher Verlag der Familie Wolff, veröffentlichte die »Herrengespräche«. Und nun ist es das Friedenauer Zan Polio Theater, das Hussels »Hammerschlag« abendfüllend zeigt. Die Titelstory hat mit Picasso zu tun. Also wieder was aus dem

Hauptberuf, aber in skurriler Verarbeitung. »Strindbergtief, schicksalhaft« sollen, laut Untertitel, diese Szenen sein. Auch ein Ulk? Oder ernst gemeint? Manches ist reichlich versponnen, pointenarm oder pointenlos, aber einer Traditionslinie Beckett/Ionescu verpflichtet. Aber in Mini-Stücken, denen es mitunter an kabarettistischem Pfiff fehlt.

Den bringen in bewundernswerter Wandlungsfähigkeit überwiegend die sieben Akteure ein: Thordis König, Friederike Lüers, Anke Rupp, Detlef Diercks, Ulrich Keller, Bernhard Leute und Werner Schuster. Wichtige Akzente setzt Ralf Bostelmann-Böhmes Musik. Die Kostüme steuerte Ulrike Bresan bei. Noch 1989 mutmaßte der »Sonntag«, dergleichen werde »mit Sicherheit nicht auf die Bühnen kommen«. Nun doch.