nd-aktuell.de / 28.05.2013 / Politik / Seite 1

BND landete in Damaskus

Gerüchte über Vermittlungsmission im Syrien-Krieg

René Heilig
Waffen für die syrischen Rebellen - ja oder nein? Die EU-Außenminister suchten gestern in Brüssel nach einer Kompromissformel. Derweil kamen Gerüchte über ein Syrien-Engagement des BND auf.

Man kann unauffälliger nach Damaskus fliegen. Der kleine Falcon-Langstreckenjet mit der Kennung D-AZEM und einer winzigen Deutschlandfahne am Leitwerk wurde jüngst auf dem Airport der syrischen Hauptstadt gesehen.

Offiziell gehört die Maschine einer Zeman Flugtechnik und Logistik München GmbH - inoffiziell dem Bundesnachrichtendienst (BND). In der ersten Maiwoche soll sogar Gerhard Schindler, der Präsident des BND, in Damaskus gelandet sein. Mit an Bord sei unter anderem sein Abteilungsleiter TE (Terrorismus) gewesen.

Traditionell gibt es gute Beziehungen zwischen syrischen Diensten und der deutschen Auslandsspionage. Besonders mit Assads Militärgeheimdienst (Deckname »Silberfuchs«) pflegte man Arbeitskontakte bei der sogenannten Terrorabwehr. Doch nach der Parteinahme der Europäischen Union für die Anti-Assad-Front wurden die Kontakte komplizierter.

Großbritannien will allen Aufständischen Waffen liefern, Frankreich nur dann, wenn Empfänger und Verwendung bekannt sind. Strikt gegen die Aufrüstung der Aufständischen, die von islamistisch geprägten Söldnern unterstützt werden, sind Finnland, Österreich, Schweden und Tschechien. Auch Deutschland hält Waffenlieferungen für schädlich, sucht aber nach einem Kompromiss zwischen beiden Positionen. Gestern verhandelten die EU-Außenminister über eine solche Formel, die einstimmig beschlossen werden muss. Die Zeit drängt. Ohne Einigung enden am 1. Juni alle Restriktionen, die die EU gegen Syrien ausgesprochen hat. Dazu gehören Einreiseverbote, Öl-Importstopps und diverse Handels- und Finanzsanktionen.

Die EU hat starke Kräfte in den USA im Nacken. Der außenpolitische Ausschuss im US-Senat verabschiedete in der vergangenen Woche einen Gesetzentwurf, der militärische Unterstützung für die Freie Syrische Armee fordert. Zugleich gibt es mehr Hoffnungen auf eine politische Lösung, nachdem sich auch das Assad-Regime für neue Verhandlungen zur Beendigung des Bürgerkrieges ausgesprochen hat. Zwischen all den Positionen operiert der deutsche Auslandsnachrichtendienst. Noch unlängst ging auch er von einem Sieg der Rebellen aus, revidierte sich aber grundlegend. Ob und was das mit den Falcon-Flügen zu tun hat, ist offen. Klar dagegen ist, dass die BND-Arbeitsbeziehungen zu syrischen Kollegen nie abgebrochen sind.

Eine Spezialität des BND im Nahen Osten sind seit Jahrzehnten Vermittlungen, die zum Austausch von Gefangenen führen. Oft waren sie Anzeichen für zurückkehrende politische Vernunft. Eine offizielle Bestätigung, dass Schindler an Bord des Jets war, wird es nie geben. Und auch das Wort Vermittlungsmission ist tabu. Sicher ist jedoch, dass die Passagiere hochrangig und die Absichten positiv waren. Seite 7