nd-aktuell.de / 14.06.2013 / Kultur / Seite 4

Krisenkenner

Jan Josef Liefers reiste mit »Bild« durch Syrien und fordert nun eine Flugverbotszone

Robert D. Meyer

Jan Josef Liefers leidet am »Til Schweiger Syndrom«. Männliche, weiße Schauspieler mit gutbürgerlichen Hintergrund entdecken ihr Herz für die Krisenherde dieser Erde und meinen uns selbige nach einem Kurztrip in die Kampfzone bis ins kleinste Detail analysieren zu können. Während Schweiger den Bundeswehrsoldaten am Hindukusch bereits mehrfach Mut zusprach und für mehr Anerkennung der Soldaten an der Heimatfront warb, verschlug es »Deutschlands beliebtesten Tatort-Star« in die »Hölle von Syrien«. Was beide Darsteller eint: Im Gepäck hatten sie nicht etwa Wagenladungen von Hilfsgütern für die notleidende Bevölkerung, sondern ausgerechnet ein Presseteam der »Bild«-Zeitung. Das hat System: Denn nun wissen wir dank großformatiger Aufmachung von »Bild« endlich, was in Syrien tatsächlich geschieht. Liefers als Aufklärer der Massen! Schließlich braucht jede Wahrheit eine Mutigen, der sie ausspricht, und sei es auch nur ein Schauspieler, der mit syrischen Kindern durch die Trümmer des zerbombten Aleppos spaziert.

Liefers fordert die Einführung einer Flugverbotszone, da dies den »Menschen am meisten helfen würde«. Schließlich habe die Staatengemeinschaft zwei Jahre lange weggesehen, da sie Angst davor habe, eine »kleine Gruppe radikaler Islamisten zu unterstützen«. Eine der vielen Fragen, die sich Liefers wohl nicht stellte, weil er zu sehr damit beschäftigt war, vor Pathos triefende Bilder zu produzieren: Woher haben die ganzen Aufständischen eigentlich ihre Waffen? Vielleicht sollte der Aufklärer in Staaten wie Saudi-Arabien, Katar oder der Türkei ein bisschen Hintergrundrecherche betreiben. Und da er gerade dabei ist, sollte Liefers Libyen gleich noch einen Kurzbesuch abstatten.

Dort kann er dann ohne Flankierung durch »Bild« erfahren, wozu das Geschrei nach einer Flugverbotszone führt. Gaddafi wurde mit westlicher Unterstützung gestürzt und das Land danach dem Chaos überlassen. Solche Erkenntnisse stehen allerdings in keinem Drehbuch und schon gar nicht in »Bild«.