nd-aktuell.de / 02.07.2013 / Politik / Seite 2

Piraten klagen gegen Gesetz zur Datenauskunft

Eine Verfassungsbeschwerde der Partei hatte bereits die bisherigen Regelungen zum Abruf sensibler Daten zu Fall gebracht

Johanna Treblin

Per Verfassungsbeschwerde will die Piratenpartei das Gesetz zur Bestandsdatenauskunft kippen. Das Gesetz, mit dem es Bundesbehörden erleichtert werden soll, Passwörter von E-Mail-Konten und andere sensible Daten auszulesen, ist am Montag in Kraft getreten. Die Piraten kritisieren zum einen die weitreichenden Befugnisse, auf Kommunikationsdaten zuzugreifen. Zum anderen sei das Gesetz so unpräzise formuliert, dass unklar bleibe, unter welchen Bedingungen Polizei und Verfassungsschutz die Bürger ausspionieren dürfen.

Zu den Bestandsdaten gehören neben Name, Adresse, Kontodaten und Geburtsdatum auch PIN und PUK des Handys, die IP-Adresse des Computers und Passwörter für Mail-Accounts und Online-Kalender. Die bisherigen Regelungen zum Zugriff auf diese Daten hatte das Bundesverfassungsgericht bereits 2012 gekippt, nachdem der schleswig-holsteinische Piraten-Landtagsabgeordnete Patrick Breyer geklagt hatte. Breyer ist auch in diesem Fall wieder Beschwerdeführer.

Der Bundestag hat das Gesetz nun reformiert. Das Ergebnis verstößt nach Auffassung der Piratenpartei gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung sowie das Telekommunikationsgeheimnis und ist in mehr als zehn Punkten verfassungswidrig: »Der Gesetzgeber hat die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, die Anlass für die Neuregelung waren, nicht eingehalten«, sagte Meinhard Starostik, der als Anwalt Breyer und Katharina Nocun vertritt, politische Geschäftsführerin der Piratenpartei und zweite Beschwerdeführerin.

Anlass der Verfassungsbeschwerde ist unter anderem, dass häufig nicht nur der Zugriff auf einzelne Informationen, sondern sofort auf alle Daten eines Nutzers gewährt wird. Weiterhin fehlt eine Beschränkung auf rechtmäßig gespeicherte Daten. Damit können Behörden sogar auf alle Daten zugreifen, die Unternehmen ohne Erlaubnis der Nutzer über sie gespeichert haben. »Wenn wir den Geheimdiensten heute die Hintertür öffnen, brauchen wir uns morgen nicht zu wundern, wenn wir ein eigenes PRISM haben«, sagte Nocun. »Wir schaffen hier mit dem Bundeskriminalamt eine neue Internet-Geheimpolizei, die unsere intimsten Gedanken durchwühlen und rastern darf«, ergänzte sie.

Bei der Klage handelt es sich um eine Sammel-Verfassungsbeschwerde, an der jeder Bundesbürger teilnehmen kann, ohne dass Prozesskosten auf ihn zukommen. Nach Angaben der Piraten haben sich schon mehr als 4000 Menschen beteiligt.

Parallel zur Verfassungsbeschwerde in Deutschland haben alle Piratenparteien Europas am Sonntag unter antiprism.eu gemeinsam eine Online-Petition gegen die Abhörprogramme PRISM und Tempora gestartet.

Obwohl Datenschutz und die Achtung der Privatsphäre Hauptthemen der Piratenpartei sind, hat das Bekanntwerden der Abhörskandale nicht zu besseren Umfragewerten der Partei geführt. Laut der letzten Forsa-Umfrage vom 26. Juni liegt sie noch immer bei kläglichen und chancenlosen zwei Prozent.