nd-aktuell.de / 20.07.2013 / Kultur / Seite 20

Sommerloch

Bernd Zeller

Der Bundespräsident hat das Sommerloch in einer feierlichen Zeremonie für eröffnet erklärt. Daraufhin wurde das Wetter strahlend sonnig und sommerlich warm, was nach dem langen Winter und dem kurzen Frühling zu Besorgnis und Schrecken in der Bevölkerung führte. Bis die Kanzlerin klarstellte, es gäbe überhaupt keinen Grund, von den hohen Temperaturen irgendetwas zu wissen, und Innenminister Friedrich ins kühlere Washington D.C. beorderte, wo man ihn gar nicht erwartet hatte, weil man mit der Auswertung seiner Flugdaten noch nicht so weit war.

Bei dieser Reise handelte es sich um eine typische Sommerlochaktion. Traditionell bewerben sich parlamentarische Hinterbänkler bei den Medien um Aufmerksamkeit, indem sie abstruse Forderungen stellen, zum Beispiel die Aufnahme Mallorcas in die Bundesrepublik, der Schweiz in die EU oder die von sich selbst in den nächsten Bundestag. Oder eben die Forderung an die US-Regierung nach Offenlegung der geheimen Daten. Minister Friedrich wurde persönlich in den Raum geführt, in dem der Drucker steht, der alles ausdruckt. Danach wurden die Seiten abgetippt - Kopieren ging nicht wegen des Risikos des elektronischen Ausspionierens - und Friedrich ausgehändigt. Der soll nun sehen, wie er damit Terroranschläge verhindert.

Um Kritik wegen Missachtung der Bürgerrechte zu verhindern, wurde zeitgleich ein Überwachungsvideo lanciert, das einen in Unterwelt- und Politikerkreisen bekannten Rapper zeigt, wie er zum Ausleben von Gewaltfantasien unter anderem gegen Claudia Roth und Klaus Wowereit aufstachelt. Das Video wurde mehrere hunderttausend Mal angeklickt, damit sind die Bürger zu einem Teil des Überwachungsapparates geworden und können sich nun nicht mehr beschweren.

Dem mündigen Mediennutzer fällt auf, dass in dieser Nachrichtenlage Peter Altmeier völlig verschwunden ist. Viele könnten schwören, dass er eben noch da war und in Talksendungen als Umweltminister vorgestellt wurde. Aber dorthin wurde er nur entsandt auf Geheiß von Angela Merkel, die erreichen wollte, dass man denkt, das ist Peer Steinbrück, und genervt wegschaltet.