nd-aktuell.de / 23.02.2001 / Politik / Seite 12

Mar von Rabeneltern widerlegt

Auch kleine Kita-Kinder nehmen keinen Schaden

Jena (ddp/ND). Kleinstkinder nehmen durch den Aufenthalt in Kindertagesstätten keinen seelischen Schaden. »Sie haben keine Entwicklungsnachteile gegenüber Kindern, die nur in der Familie groß werden«, sagt die Jenaer Entwicklungspsychologin Lieselotte Ahnert. Selbst der frühe Besuch von Kindertagesstätten sei »kein prinzipieller Nachteil für die intensive Bindung zwischen Müttern und ihren Kindern«.

Mütter und Väter, die ihre Kinder schon zwischen dem ersten und zweiten Lebensjahr in eine Kindereinrichtung geben, reagierten nicht weniger einfühlsam auf die Bedürfnisse der Kleinen wie Eltern, die ihre Sprösslinge zuhause behalten. Der Vorwurf, erstere seien »Rabeneltern«, sei falsch. Nach Ansicht von Ahnert haben Mädchen und Jungen, die schon früh Kindereinrichtungen besuchen, anderen Alterskameraden sogar einiges voraus. Sie müssen beispielsweise neue Beziehungsformen zu den Erzieherinnen und den Spielkameraden entwickeln und erweitern damit ihre soziale Kompetenz. Die sozialen Erfahrungen außerhalb der Familie stellten die Kinder vor neue Entwicklungsherausforderungen, die sie

nach Anpassungsschwierigkeiten in der ersten Zeit schnell meisterten.

Ein deutlicher Unterschied zu den »Familienkindern« sei dennoch festzustellen, sagte Ahnert. »Kita-Kinder sind nachmittags, wenn sie abgeholt werden, häufig unruhiger und quengeln«. Das liege aber nicht etwa daran, dass sie schlecht behandelt worden wären. Vielmehr »haben sie gelernt, dass sie in dieser Situation sehr erfolgreich die Liebe und Aufmerk samkeit der Mutter für sich reklamieren dürfen«, erklärt die Psychologin. Umgekehrt kämen die Eltern diesem Begehren zumeist gern entgegen, weil sie dann bereits den Berufsstress und die notwendigen Alltagsgeschäfte hinter sich gelassen haben. »Eine solche Familienbeziehung kann dann durchaus besser funktionieren, als wenn die Kinder den ganzen Stress der Mutter miterleben.«