nd-aktuell.de / 02.04.2014 / Ratgeber / Seite 26

Gericht weist Anfrage zum Homo-Adoptionsrecht vorerst ab

Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe

Das volle Adoptionsrecht für homosexuelle Paare ist weiterhin nicht in Sicht. Allerdings verwirft das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine gerichtliche Anfrage zum derzeitigen Adoptionsverbot nur aus formalen Gründen.

Schwule und lesbische Paare müssen weiter auf das Recht warten, Kinder gemeinschaftlich adoptieren zu dürfen. Das Bundesverfassungsgericht entscheidet vorerst nicht über ihr volles Adoptionsrecht.

Rechtslage: eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung

Derzeit ist es nur Eheleuten erlaubt, gemeinsam Kinder zu adoptieren. Das Amtsgericht Berlin-Schöneberg hatte in der gegenwärtigen Rechtslage eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung Homosexueller gesehen und beim Verfassungsgericht angefragt. Karlsruhe verwarf in dem am 21. Februar 2014 veröffentlichten Beschluss die Vorlage des Amtsgericht jedoch als unzulässig. Sie sei nicht ausreichend begründet, hieß es.

Dennoch machten die Karlsruher Richter überraschend deutlich, dass sie eine inhaltlich große Nähe zur sogenannten Sukzessivadoption sehen: Die Prüfung des Verbots der gemeinschaftlichen Adoption und der frühere Ausschluss der Sukzessivadoption werfe »teilweise ähnliche oder identische verfassungsrechtliche Vorfragen auf«, heißt es unter anderem.

Bei der Sukzessivadoption geht es um Fälle, in denen ein Partner bereits ein Kind adoptiert hat und der andere Partner zusätzlich Adoptivmutter oder Adoptivvater werden möchte.

Ein Urteil zur Sukzessivadoption hatte vor einem Jahr für großes Aufsehen gesorgt und eine politische Debatte ausgelöst. Während die SPD die Gleichstellung der homosexuellen Partnerschaften auch bei der Adoption will, sind jedoch die Unionsparteien von CDU und CSU dazu nicht bereit.

Konkret steht zum Thema Adoptionen daher im Koalitionsvertrag nur, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Sukzessivadoptionen umgesetzt werden solle. Der Referentenentwurf dazu sei mittlerweile an Länder und Verbände verschickt, so das SPD-geführte Bundesjustizministerium.

Angesichts des neuen Beschlusses forderte der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) die völlige Gleichstellung: Bundestag und Bundesregierung könnten sich nicht hinter der formalen Zurückweisung verstecken. Die Politik müsse jetzt handeln und dürfe nicht auf die nächste Richtervorlage warten.

Über 23 000 eingetragene Lebenspartnerschaften

»Denn immer mehr schwule und lesbische Paare denken über Kinder nach, unabhängig davon, ob sie verpartnert sind oder nicht«, so die LSVD-Sprecherin Renate Rampf, die unter Berufung auf Erhebungen die Zahl der 2013 in Deutschland lebenden eingetragenen Lebenspartnerschaften auf über 23 000 bezifferte.

Weitere Verfahren zum Verbot der gemeinschaftlichen Adoption sind derzeit nicht beim Verfassungsgericht anhängig. Das Amtsgericht Berlin-Schöneberg kann aber seine Vorlage nachbessern und neu einreichen.

Wie eine solche Anfrage auszusehen hätte, gaben die Karlsruher Verfassungsrichter dem Amtsgericht Berlin-Schöneberg mit auf den Weg: Die »unmittelbar einschlägige Entscheidung« zur Sukzessivadoption habe das Amtsgericht nicht zur Grundlage seiner Argumentation gemacht, kritisieren sie. »Angesichts der großen sachlichen Nähe« hätte sich das vorlegende Gericht damit aber auseinandersetzen müssen. dpa/nd