Gericht weist Anfrage zum Homo-Adoptionsrecht vorerst ab

Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe

  • Lesedauer: 2 Min.
Das volle Adoptionsrecht für homosexuelle Paare ist weiterhin nicht in Sicht. Allerdings verwirft das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine gerichtliche Anfrage zum derzeitigen Adoptionsverbot nur aus formalen Gründen.

Schwule und lesbische Paare müssen weiter auf das Recht warten, Kinder gemeinschaftlich adoptieren zu dürfen. Das Bundesverfassungsgericht entscheidet vorerst nicht über ihr volles Adoptionsrecht.

Erweitertes Adoptionsrecht

Homosexuelle Paare in Deutschland sollen bald leichter Kinder adoptieren können. Das Bundeskabinett beschloss am 12. März 2014 einen entsprechenden Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums.

Demnach dürfen künftig auch Schwule und Lesben in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft ein adoptiertes Kind ihres Partners adoptieren. Damit wird ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von Anfang vergangenen Jahres umgesetzt.

Eine solche »Sukzessivadoption« ist bisher nur heterosexuellen Ehepaaren erlaubt. Dies verstößt jedoch nach der Entscheidung der Karlsruher Richter gegen das Recht auf Gleichbehandlung. Daher muss eine verfassungsgemäße Regelung bis 30. Juni 2014 getroffen werden. dpa/nd

 

Rechtslage: eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung

Derzeit ist es nur Eheleuten erlaubt, gemeinsam Kinder zu adoptieren. Das Amtsgericht Berlin-Schöneberg hatte in der gegenwärtigen Rechtslage eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung Homosexueller gesehen und beim Verfassungsgericht angefragt. Karlsruhe verwarf in dem am 21. Februar 2014 veröffentlichten Beschluss die Vorlage des Amtsgericht jedoch als unzulässig. Sie sei nicht ausreichend begründet, hieß es.

Dennoch machten die Karlsruher Richter überraschend deutlich, dass sie eine inhaltlich große Nähe zur sogenannten Sukzessivadoption sehen: Die Prüfung des Verbots der gemeinschaftlichen Adoption und der frühere Ausschluss der Sukzessivadoption werfe »teilweise ähnliche oder identische verfassungsrechtliche Vorfragen auf«, heißt es unter anderem.

Bei der Sukzessivadoption geht es um Fälle, in denen ein Partner bereits ein Kind adoptiert hat und der andere Partner zusätzlich Adoptivmutter oder Adoptivvater werden möchte.

Ein Urteil zur Sukzessivadoption hatte vor einem Jahr für großes Aufsehen gesorgt und eine politische Debatte ausgelöst. Während die SPD die Gleichstellung der homosexuellen Partnerschaften auch bei der Adoption will, sind jedoch die Unionsparteien von CDU und CSU dazu nicht bereit.

Konkret steht zum Thema Adoptionen daher im Koalitionsvertrag nur, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Sukzessivadoptionen umgesetzt werden solle. Der Referentenentwurf dazu sei mittlerweile an Länder und Verbände verschickt, so das SPD-geführte Bundesjustizministerium.

Angesichts des neuen Beschlusses forderte der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) die völlige Gleichstellung: Bundestag und Bundesregierung könnten sich nicht hinter der formalen Zurückweisung verstecken. Die Politik müsse jetzt handeln und dürfe nicht auf die nächste Richtervorlage warten.

Über 23 000 eingetragene Lebenspartnerschaften

»Denn immer mehr schwule und lesbische Paare denken über Kinder nach, unabhängig davon, ob sie verpartnert sind oder nicht«, so die LSVD-Sprecherin Renate Rampf, die unter Berufung auf Erhebungen die Zahl der 2013 in Deutschland lebenden eingetragenen Lebenspartnerschaften auf über 23 000 bezifferte.

Weitere Verfahren zum Verbot der gemeinschaftlichen Adoption sind derzeit nicht beim Verfassungsgericht anhängig. Das Amtsgericht Berlin-Schöneberg kann aber seine Vorlage nachbessern und neu einreichen.

Wie eine solche Anfrage auszusehen hätte, gaben die Karlsruher Verfassungsrichter dem Amtsgericht Berlin-Schöneberg mit auf den Weg: Die »unmittelbar einschlägige Entscheidung« zur Sukzessivadoption habe das Amtsgericht nicht zur Grundlage seiner Argumentation gemacht, kritisieren sie. »Angesichts der großen sachlichen Nähe« hätte sich das vorlegende Gericht damit aber auseinandersetzen müssen. dpa/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal