nd-aktuell.de / 09.04.2014 / Politik / Seite 2

Die Union hat es eilig, die SPD bremst

Koalitionspartner ziehen verschiedene Schlüsse aus dem Urteil

Fabian Lambeck

Bei Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat das schon Routine: Stets aufs Neue wies er Forderungen aus der Union zurück, er solle doch - wie im Koalitionsvertrag vereinbart - die Vorratsdatenspeicherung einführen. Noch im Januar sagte Maas dem »Spiegel«: »Ich lege keinen Gesetzesentwurf vor, bevor der Europäische Gerichtshof endgültig geurteilt hat.« Nun ist das Urteil gefallen und Maas will es auch weiterhin gemächlich angehen lassen. »Es besteht jetzt kein Grund mehr, schnell einen Gesetzentwurf vorzulegen«, sagte Maas am Dienstag. Man werde mit der Union »das weitere Verfahren und die Konsequenzen ergebnisoffen besprechen«.

Vertreter von CDU und CSU zeigten sich gestern weniger geduldig. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) betonte, dass er durchaus Handlungsbedarf sehe. »Ich dränge auf eine rasche, kluge, verfassungsmäßige und mehrheitsfähige Neuregelung«, so der Minister in Berlin. Zudem verwies de Maizière auf nicht näher benannte »Fachleute«, die sich einig seien, dass eine Vorratsdatenspeicherung »zum Zwecke der Aufklärung schwerer Straftaten« geboten sei. Offenbar zählen die Mitarbeiter des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages nicht zu diesen Fachleuten. Im Februar 2011 war der Dienst zu dem Schluss gekommen, dass sich »die Erfolge der Vorratsdatenspeicherung in einem sehr kleinen Rahmen halten«. In dem Gutachten ist von einer um nur 0,006 Prozent verbesserten Aufklärungsquote die Rede.

Trotzdem drängen Konservative wie CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach auf die Einführung eines neuen Gesetzes. Gegenüber der »Welt« plädierte er am Montag für eine Speicherdauer von drei Monaten, wie sie im Koalitionsvertrag festgehalten sei. »Im Kern geht es jetzt noch um die Klärung der Frage, für die Abwehr und Aufklärung welcher Straftaten die Daten genutzt werden dürfen«, sagte er. Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) will eine schnelle Lösung des jahrelangen Streits um die Vorratsdatenspeicherung. »Das brauchen wir, um schweren Straftätern auf die Spur zu kommen.« Auch Herrmann scheint das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes nicht zu kennen.

Tatsächlich ist die Bundesrepublik in den letzten vier Jahren ganz gut ohne ein entsprechendes Gesetz ausgekommen. Bereits im März 2010 hatte das Bundesverfassungsgericht die deutsche Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung kassiert. Union und FDP hatten sich danach auf keinen neuen Gesetzentwurf einigen können.