nd-aktuell.de / 06.08.2014 / Ratgeber / Seite 23

Arbeitsvertrag gilt auch bei fehlenden Deutschkenntnissen

BAG-Urteil: Arbeitnehmer wurde mit Vertragsklausel nicht überrumpelt

Ohne Deutschkenntnisse sollten Ausländer nicht einfach einen in deutscher Sprache gehaltenen Arbeitsvertrag unterschreiben.

Der Arbeitnehmer kann sich nicht darauf berufen, dass er überrumpelt wurde und der Vertrag deshalb mit dessen für ihn unverständlichen Regelungen unwirksam sei. Das entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt am 25. Juni 2014 (Az. 5 AZR 252/12 - B).

Ein in Portugal lebender Lkw-Fahrer arbeitete bei einer deutschen Speditionsfirma. Der Mann hatte dort einen Arbeitsvertrag unterschrieben, obwohl er diesen wegen fehlender Deutschkenntnisse nicht verstand. Als er im April 2011 ausstehenden Lohn sowie Fahrtkosten in Höhe von insgesamt 4770 Euro einforderte, lehnte der Arbeitgeber dies ab. Laut Arbeitsvertrag hätte der Lkw-Fahrer seine Ansprüche innerhalb von drei Monaten geltend machen müssen. Diese Frist sei aber verstrichen.

Der Arbeitnehmer gab sich überrascht. Der Arbeitsvertrag sei auf Deutsch abgefasst gewesen, weshalb er ihn nicht verstehen konnte. Damit die 3-Monate-Klausel wirksam sei, hätte er »in zumutbarer Weise Kenntnis« nehmen und informiert werden müssen. Der Arbeitgeber hätte den Arbeitsvertrag demzufolge übersetzen müssen. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen.

Das BAG urteilte: Ein Arbeitsvertrag ist bereits mit der Unterschrift und dem Zugang wirksam und nicht erst dann, wenn der Arbeitnehmer diesen verstanden hat. Sonst müssten »jedwede individuellen Defizite« berücksichtigt werden, so das BAG. Selbst bei Schreiben mit Fremdwörtern oder Fachausdrücken müsste dann sicher gestellt werden, dass der Empfänger diese verstanden hat.

Mit der Unterschrift habe der Kläger den Arbeitsvertrag mit seinem Gesamtinhalt angenommen. Dem stünden fehlende oder mangelhafte Sprachkenntnisse nicht entgegen. Niemand sei verpflichtet, einen in fremder Sprache verfassten Arbeitsvertrag zu unterschreiben. Der Kläger hätte sich den Vertrag auch übersetzen lassen können. »Das Sprachrisiko trägt derjenige, der sich auf einen Vertrag in fremder Sprache einlässt«, so das BAG. epd/nd