Arbeitsvertrag gilt auch bei fehlenden Deutschkenntnissen

BAG-Urteil: Arbeitnehmer wurde mit Vertragsklausel nicht überrumpelt

  • Lesedauer: 2 Min.
Ohne Deutschkenntnisse sollten Ausländer nicht einfach einen in deutscher Sprache gehaltenen Arbeitsvertrag unterschreiben.

Der Arbeitnehmer kann sich nicht darauf berufen, dass er überrumpelt wurde und der Vertrag deshalb mit dessen für ihn unverständlichen Regelungen unwirksam sei. Das entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt am 25. Juni 2014 (Az. 5 AZR 252/12 - B).

Ein in Portugal lebender Lkw-Fahrer arbeitete bei einer deutschen Speditionsfirma. Der Mann hatte dort einen Arbeitsvertrag unterschrieben, obwohl er diesen wegen fehlender Deutschkenntnisse nicht verstand. Als er im April 2011 ausstehenden Lohn sowie Fahrtkosten in Höhe von insgesamt 4770 Euro einforderte, lehnte der Arbeitgeber dies ab. Laut Arbeitsvertrag hätte der Lkw-Fahrer seine Ansprüche innerhalb von drei Monaten geltend machen müssen. Diese Frist sei aber verstrichen.

Der Arbeitnehmer gab sich überrascht. Der Arbeitsvertrag sei auf Deutsch abgefasst gewesen, weshalb er ihn nicht verstehen konnte. Damit die 3-Monate-Klausel wirksam sei, hätte er »in zumutbarer Weise Kenntnis« nehmen und informiert werden müssen. Der Arbeitgeber hätte den Arbeitsvertrag demzufolge übersetzen müssen. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen.

Das BAG urteilte: Ein Arbeitsvertrag ist bereits mit der Unterschrift und dem Zugang wirksam und nicht erst dann, wenn der Arbeitnehmer diesen verstanden hat. Sonst müssten »jedwede individuellen Defizite« berücksichtigt werden, so das BAG. Selbst bei Schreiben mit Fremdwörtern oder Fachausdrücken müsste dann sicher gestellt werden, dass der Empfänger diese verstanden hat.

Mit der Unterschrift habe der Kläger den Arbeitsvertrag mit seinem Gesamtinhalt angenommen. Dem stünden fehlende oder mangelhafte Sprachkenntnisse nicht entgegen. Niemand sei verpflichtet, einen in fremder Sprache verfassten Arbeitsvertrag zu unterschreiben. Der Kläger hätte sich den Vertrag auch übersetzen lassen können. »Das Sprachrisiko trägt derjenige, der sich auf einen Vertrag in fremder Sprache einlässt«, so das BAG. epd/nd

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal