nd-aktuell.de / 22.12.2014 / Wissen / Seite 4

Frühaufsteher

Johann-Dietrich Wörner wird neuer Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation ESA

Steffen Schmidt

Wer als Journalist mit Johann-Dietrich Wörner reden will, muss auch mit einem Termin in den Morgenstunden rechnen. Der derzeitige Chef des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und frisch gewählte Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation ESA ist ein ausgesprochener Frühaufsteher. Anders dürfte er sein Arbeitspensum wohl auch kaum bewältigen. Als DLR-Chef sitzt er in Köln, Verhandlungen mit der Politik führen ihn häufig nach Berlin, nebenbei ist der promovierte Bauingenieur auch noch Partner eines Ingenieurbüros in Darmstadt. Dort will Wörner, wie er in seinem Blog schreibt, wegen verschiedener Aktivitäten seiner Frau und eben dieses Ingenieurbüros auch weiter ein Standbein behalten. Ob das alles so klappt, wenn er im Juli 2015 sein neues Amt in Paris antritt, bleibt abzuwarten.

Denn im 40. Jahr der Raumfahrtorganisation erwarten Wörner etliche heikle Baustellen. So sind sich die drei größten nationalen Beitragszahler Frankreich, Deutschland und Italien schon seit Längerem uneins über die Zukunft der Internationalen Raumstation ISS und die Weiterentwicklung der Trägerrakete Ariane. Auch das Verhältnis zur EU, die inzwischen die größte Geldquelle der ESA ist, wird genauer zu klären sein.

Der 60-jährige Wörner hat allerdings bereits wiederholt sein Talent als Wissenschaftsorganisator bewiesen. In seiner Amtszeit als Präsident der Technischen Universität Darmstadt setzte er eine größere Unabhängigkeit der Uni von der Landespolitik durch und als DLR-Chef gelang es ihm, deren Budget zu vergrößern. Ganz sicher hat er auch Anteil an dem Kompromiss zur Entwicklung der neuen Trägerrakete Ariane 6, bei der widerstreitende nationale Interessen unter einen Hut zu bringen waren.

Wegen solcher nationalen Querelen verzichtete die deutsche Seite laut einer Aussage Wörners gegenüber der Zeitschrift »Flugrevue« bei der Bewerbung auch auf das »Argument«, dass Deutschland als einer der großen Beitragszahler seit 25 Jahren keinen Generaldirektor mehr gestellt hat.