nd-aktuell.de / 24.04.2015 / Politik / Seite 1

Es war Völkermord

Gedenktag für die armenischen Opfer der Massaker in der Türkei vor 100 Jahren

Berlin. Eigentlich haben es die Deutschen damals ja sogar als erste im Ausland gewusst: Es waren die aufgeregten Depeschen des deutschen Botschafters bei der Hohen Pforte, Hans von Wangenheim, die den deutschen Kaiser Wilhelm II. wissen ließen, dass seine Weltkriegs-Bundesgenossen aus Konstantinopel gerade Abscheuliches verübten. Das lasse sich nicht mehr durch militärische Rücksichten rechtfertigen, teilte der wohlinformierte deutsche Vertreter vor Ort mit. Es handele sich hier darum, »die Armenier zu vernichten«. Man hatte das in Berlin durchaus verstanden. Von Wangenheim hatte berichtet: Es werde »übrigens unumwunden zugegeben, dass das Endziel ihres Vorgehens gegen die Armenier die gänzliche Ausrottung derselben in der Türkei ist«.

Die deutsche Antwort war ein Ausbund an Zynismus. Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg beschied alle ob der alarmierenden Eingabe des deutschen Botschafters eventuell Besorgten auf deutsch-kaiserlicher Seite mit den Worten: »Unser einziges Ziel ist, die Türkei bis zum Ende des Krieges an unserer Seite zu halten, gleichgültig, ob darüber Armenier zugrunde gehen oder nicht.«

Nach armenischen Angaben waren es etwa 1,5 Millionen Menschen, die ermordet wurden, verhungerten, an Krankheiten starben. Neutrale Historiker bestätigen dies überwiegend. Die Armenier wurden damals kollektiv der Parteinahme für den Kriegsgegner Russland bezichtigt.

Ankara besteht bis heute darauf, es habe sich lediglich um »Deportationen« mit höchstens 500 000 Toten gehandelt. Und es sei ja schließlich Krieg gewesen - ein Standpunkt, so unsäglich wie unannehmbar. Übrigens: Auch keine Bundesregierung hat je den Versuch einer Entschuldigung für Deutschlands damalige Haltung unternommen. roe

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