nd-aktuell.de / 20.05.2015 / Berlin / Seite 9

Kirche sucht nach Lösung für Flüchtlinge

Die evangelische Kirche ringt um eine Lösung für die etwa 110 Flüchtlinge vom Oranienplatz, die von Gemeinden und Privatpersonen seit acht Monaten versorgt und beherbergt werden.

Mehr als 100 ehemalige Oranienplatz-Flüchtlinge wollen am Freitag mit einer selbst gebauten drei Meter langen Arche durch Berlin ziehen. Mit dem Protestmarsch von der Parochialkirche in Mitte zur Heilig-Kreuz-Kirche in Kreuzberg solle ein deutliches Zeichen gesetzt werden. Die Kirchen in Berlin beherbergen und versorgen seit vergangenem September etwa 110 der früheren Bewohner des Protestcamps vom Oranienplatz in Gemeindehäusern und Privatwohnungen, um sie vor Obdachlosigkeit und Abschiebung zu schützen.

Vom Senat fordert die evangelische Kirche eine Perspektive für diese Menschen, die noch nicht mal einen Duldungsstatus haben, aber zum Teil bereits seit mehreren Jahren in der Stadt leben. »In der Politik der Stadt werden die Oranienplatz-Flüchtlinge nicht mehr wahrgenommen«, kritisierte der frühere Heilig-Kreuz-Pfarrer Jürgen Quandt. Nicht zuletzt durch die Oranienplatz-Vereinbarung vom März 2014 habe Berlin eine besondere Verantwortung für diese Menschen.

Bei einem Treffen habe der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) dem Berliner Bischof Markus Dröge zugesichert, die Kirche mit den Flüchtlingen nicht allein zu lassen. »Wir erwarten vom Senat deshalb die Bereitschaft, gemeinsam nach einer Lösung zu suchen, die nicht nur formaljuristisch ausgelegt wird, sondern die Menschen mit einbezieht«, sagte Quandt. Bislang sei der Senat aber nicht dazu bereit.

Vorschlag der Kirche sei eine zunächst sechsmonatige Duldung für die Betroffenen und eine Arbeitserlaubnis, sagte Quandt weiter. Die Menschen ertrügen die Untätigkeit nur schwer und wollten sich nützlich machen. Für 16 Flüchtlinge hat der Evangelische Friedhofsverband des Kirchenkreises Berlin-Stadtmitte, dessen Geschäftsführer Quandt ist, seit Mai auf einer leeren Friedhofsfläche ein »Gardening-Projekt« gestartet. Weitere Arbeitsmöglichkeiten seien geplant. Laut Quandt gibt es auch positive Signale aus der Berliner Wirtschaft, Flüchtlinge zu beschäftigen. Voraussetzung sei aber die Klärung ihres rechtlichen Status. epd/nd