nd-aktuell.de / 07.07.2015 / Kommentare / Seite 4

Uradel

PERSONALIE

Simon Poelchau

Eigentlich ist die FDP aus dem öffentlichen Bewusstsein weitgehend verschwunden, seitdem sie vor nunmehr fast zwei Jahren aus dem Bundestag ausschied. Deswegen verwundert es, wenn man plötzlich wieder Vertreter der Mövenpick-Partei im Fernsehen sieht. Ein solches recht exotisch gewordenes Exemplar ist Alexander Graf Lambsdorff. Ungeachtet seiner eher schwindenden politischen Relevanz kommentierte der liberale Europaparlamentarier lautstark den Ausgang des griechischen Referendums: »Jetzt ist der Zeitpunkt für den Grexit gekommen«, tönt der Scharfmacher im Springerblatt »Welt«.

Dabei ist Lambsdorffs wohl größter Trumpf seine Herkunft. Sein Geschlecht gehört zum sogenannten deutschen Uradel. Das heißt, man galt schon vor dem 15. Jahrhundert als etwas Besseres als das gemeine Volk. Dies spiegelt sich auch im Lebenslauf des 48-jährigen Familienvaters wider. So wurde ihm etwa ermöglicht, an der US-Eliteuniversität Georgetown in Washington DC zu studieren. Später machte er im Auswärtigen Amt Karriere und arbeitete auch mal als Bundestagsbüroleiter des ehemaligen Außenministers Klaus Kinkel.

Sicherlich wird ihm bei seiner Karriere sein Onkel und großes Vorbild Otto Graf Lambsdorff geholfen haben. Zusammen mit Hans-Dietrich Genscher war der Wirtschaftsminister unter Helmut Kohl und Helmut Schmidt eine Art Übervater für die Liberalen.

So steht auch die Familie Lambsdorff also nicht erst seit Alexanders Politkarriere für neoliberale Positionen. Schließlich war Otto Graf Lambsdorff in den 1980er Jahren maßgeblich an der Neuausrichtung der FDP hin zur reinen Partei der Besserverdienenden beteiligt. Wen wundert es da, dass der Europaparlamentarier Griechenland nicht mehr in der Eurozone haben will, nachdem es sich in einem Referendum gegen die desaströse Sparpolitik der letzten fünf Jahren wandte? Übrigens spielte schon im Sommer 2012 Parteikollege Philipp Rösler, seinerzeit Wirtschaftsminister, mit dem Gedanken eines Grexits. Da hatte die FDP ja auch noch etwas zu sagen.