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Weltmarkt in der Lausitz
Das Unternehmen Altech siedelt im Industriepark Schwarze Pumpe
Besser, günstiger und umweltfreundlicher sollen die neuen Hochleistungs-Lithium-Ionen-Batterien im Vergleich zu den herkömmlichen sein. Das verspricht Uwe Ahrens, Vorstand der Altech Advanced Material AG, am Mittwoch bei der Vorstellung einer zukünftigen Produktionsstätte im Lausitzer Industriepark Schwarze Pumpe. Gerade hat die deutsche Tochter des australischen Unternehmens Altech Chemical einen Kaufvertrag über eine rund 14 Hektar große Fläche unterzeichnet, auf der das Unternehmen Aluminiumoxid für die Batterien von E-Autos produzieren will. Bislang gab es dafür nur einen Optionsvertrag, der noch bis Juni gültig gewesen wäre.
Die Technologie von Altech Advanced Materials soll die Batterien von E-Autos effizienter und haltbarer machen. Die Anode in der Lithium-Ionen-Batterie besteht in der Regel aus Graphit. Bei jedem Lade- und Entladezyklus gehen Lithium-Ionen verloren, die an der Anode irreversibel gebunden und damit inaktiv werden.
Eine Nanobeschichtung der Batterie-Anode mit hochreinem Aluminiumoxid (HPA) soll diese Verluste und somit den Alterungsprozess der Batterie verhindern. Die Lebensdauer der Batterie verlängert sich dadurch laut Altech um 30 Prozent.
Außerdem kombiniert das Unternehmen die Anode mit Silizium, wodurch sich die Leistung der Batterie verdreifache und Kosten eingespart werden könnten. Unter dem Einfluss von 30 Prozent Silizium in der Batterieanode könne ein Tesla-E-Auto Model 3 zum Beispiel 1300 statt nur 423 Kilometer weit fahren.
Partner für die Rohmaterialien der Produktion sind SGL Carbon und Ferroglobe. ltb
»Ich freue mich sehr, dass ein international agierendes Unternehmen wie Altech jetzt mit dem Erwerb der Flächen im Industriepark Schwarze Pumpe Nägel mit Köpfen macht. Für den Strukturwandel in der Lausitz ist das eine sehr gute Nachricht«, sagt dazu Thomas Schmidt, sächsischer Staatsminister für Regionalentwicklung.
Im sächsischen Teil des Industrieparks, der auf der Grenze zu Brandenburg liegt, soll zunächst eine Pilotanlage für die Herstellung von Anodengraphit gebaut werden, das - mit hochreiner Keramik beschichtet - für Hochleistungs-Lithium-Ionen-Batterien verwendet wird. Dafür rechnet Altech mit Investitionskosten im zweistelligen Millionenbereich. Das eigentliche Aluminiumwerk soll bis zu 250 Millionen Euro kosten, die gesamte, fünf Werke umfassende Anlage bis zu 500 Millionen Euro. Letztlich sollen dort pro Jahr 4000 Tonnen hochreines Aluminiumoxid produziert werden. Damit plant Altech die bislang größte Ansiedlung im Rahmen des Strukturwandels in der Lausitz. »Wir investieren aber nicht in Grundstücke oder Maschinen, sondern in Menschen«, betont Uwe Ahrens. 150 Arbeitsplätze will Altech mit der künftigen Produktionsstätte schaffen.
Für Romy Reinisch von der Sächsischen Agentur für Strukturentwicklung ist das eine gute Nachricht: »Auf diese Investition werden weitere Investitionen folgen, sodass die Zahl der Arbeitsplätze steigen wird«, sagt sie zu »nd«. Während durch den Braunkohleausstieg viele Jobs verloren gehen, sei das »ein Sprung in die Zukunft«. Reinisch hofft, dass dadurch weniger junge Leute weg- und auch Menschen aus anderen Regionen herziehen werden.
Für die Gemeinde Spreetal, zu der der sächsische Teil des Industrieparks gehört, ist die Ansiedlung aber auch mit viel Arbeit und hohen Kosten verbunden. »Wir müssen die Infrastruktur bereitstellen, Straßen, Wasser, Kläranlagen und Bebauungspläne machen«, sagt Manfred Heine, Bürgermeister von Spreetal und Vorstandsvorsitzender des Zweckverbands Industriepark Schwarze Pumpe, zu »nd«. Das Geld für Schulen und Kindergärten werde erst mal fehlen, daher habe es im Gemeinderat auch Widerstand gegeben. Trotzdem habe Heine sich für Altech eingesetzt, »denn der Standort sichert Lehrstellen und Arbeitsplätze für unsere Kinder und Enkelkinder«, sagt er. Wichtig ist dem Bürgermeister in diesem Zusammenhang jedoch auch, dass der zweite Bauabschnitt der Spreestraße nach Schwarze Pumpe vorangetrieben wird.
Laut Uwe Ahrens sei Altech in Sachsen »sehr gut aufgenommen worden, mit schnellen, kompetenten Angeboten. Als Investor gehen wir natürlich nicht hierher, um Gutes zu tun. In den neuen Bundesländern ist man erwünscht«, erklärt er mit Blick auf mögliche Bundes- und Landesförderungen. Für den Standort spreche außerdem die Anbindung an andere Chemie-, Industrie- und Forschungsunternehmen wie die Batteriefabrik von BASF in Schwarzheide oder das Fraunhofer-Institut in Dresden. Letzteres sei bereits Partner für die Batterietests gewesen.
Zudem seien in der Lausitz die Grundstückspreise gut, Arbeitsplätze der Lausitzer Energie AG (LEAG) würden frei, »und natürlich rennen wir auch mit Tesla«, sagt Roland Peine, Technischer Geschäftsführer des Wirtschaftsförderungsunternehmens ASG Spremberg, zu »nd«. Nun gelte es, Fördermittel an Land zu ziehen, denn in zwei Jahren soll der Betrieb beginnen, bis 2030 die gesamte Anlage stehen. Dann sei es womöglich auch schon mit der Kohleindustrie vorbei, und er sei froh, »wenn wir dann ein Geschäftsmodell haben, das funktioniert«, so Peine.
Das Ziel, das Altech mit der Batterieproduktion verfolgt, ist kein bescheidenes: »Wir wollen Weltmarktführer für hochreines Aluminiumoxid und für Hochleistungs-Anodenmaterial mit Silizium werden«, sagt Vorstand Uwe Ahrens. Silizium nennt er den »Game Changer« der neuen Technologie (siehe Infokasten). Sowohl auf die Prozesstechnik als auch auf die Mixtur habe Altech das Patent. »Wir haben locker fünf bis sieben Jahre Vorsprung«, erklärt Ahrens stolz.
Letztlich sei gerade in der EU aber auch die Umweltfreundlichkeit der Produktion von Bedeutung. Deshalb ist es Ahrens wichtig zu betonen, dass durch die neue Technologie weniger umweltschädliche Abfallprodukte anfielen, der Wasserverbrauch gering sei und der Rohstoff Tonerde künftig in der Region gewonnen werden soll. Zu Beginn werde das Aluminiumoxid allerdings noch aus Australien importiert und eine erste Anlage zur Gewinnung von Tonerde in Malaysia gebaut, denn »da kostet die Anlage nicht so viel«, sagt Ahrens. Einen genauen Zeitplan, ab wann die Aluminiumoxid-Produktion auf lokale Rohstoffe umsteigen soll, gebe es bislang nicht. »Aber Tonerde gibt es überall in der Region«, beteuert er auf Nachfrage.
Am Mittwoch gab es für den Investor erst einmal den erfolgreichen Vertragsabschluss gebührend zu feiern.
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