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IOC lässt Rückkehr russischer Sportler zu – unter Vorbehalt
Genereller Bann aufgehoben, doch manche Athleten bleiben von internationalen Sportereignissen ausgeschlossen
Thomas Bach wollte es mal wieder jedem recht machen, und am Ende ist keiner zufrieden. Der deutsche Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) las am Dienstag in Lausanne eine gute halbe Stunde ein sehr bürokratisch anmutendes Schriftstück vor, in dem erklärt wurde, warum und wie das IOC die Rückkehr von Athleten aus Russland und Belarus in den internationalen Sport zulassen will. Genau 13 Monate zuvor hatte man allen Sportverbänden noch empfohlen, aufgrund der Invasion Russlands in die Ukraine jene Sportler nicht mehr einzuladen. Nun kam zumindest eine halbe Rolle rückwärts, obwohl sich am Kriegsgeschehen kaum etwas verändert hat.
Dieser Krieg war jedoch nie Grundlage der IOC-Entscheidungen, wie Bach nun darlegte. Vielmehr sei der Bann – den Bach lieber eine »Schutzmaßnahme« nannte – nur formuliert worden, weil die Integrität des Sports auf dem Spiel gestanden habe. Schließlich hätten im Februar 2022 viele Staaten gedroht, Athleten aus Russland und Belarus die Einreisevisa zu verweigern und außerdem eigenen Sportlern die Förderung zu entziehen, sollten sie gegen Russen antreten.
Armeesportler bleiben ausgeschlossen
Die Situation sei nun aber anders, so Bach. »Im Tennis, Handball, Fußball oder Eishockey funktioniert das schon. Russen machen mit und spielen manchmal sogar direkt gegen Ukrainer. Das sieht man fast jeden Tag im Tennis. Die Athleten bekommen Visa, sogar Arbeitserlaubnisse und es wird von keinen Sicherheitsproblemen berichtet. Warum soll das also nicht auch für Schwimmen oder Tischtennis gelten?«
Also gibt das IOC nun eine neue Richtlinie heraus, wie Sportverbände, die das wollen, Russen wieder integrieren können: Demnach dürfen diese nur »individuell als neutrale Athleten« antreten, Teams aber nicht. Athleten, die »aktiv den Krieg unterstützen«, sollen ebenso keine Einladung erhalten wie jene, die »in einem Vertragsverhältnis zum Militär stehen«. Damit ging das IOC offenbar ein Stück auf die ukrainischen und westlichen Kritiker ein, die herausgestellt hatten, dass jeder dritte russische Olympiastarter in Peking 2022 Angehöriger des Armeesportklubs ZSKA war und von der Armee gefördert wird. Ihnen sollen internationale Wettbewerbe also weiterhin verschlossen bleiben. Russische Fahnen, Hymnen oder andere Identifikationssymbole sollen in den gesamten Arenen, also auch auf den Zuschauertribünen, verboten werden.
Olympiateilnahme noch fraglich
Bach war es besonders wichtig, auf zwei Dinge hinzuweisen: »Wir empfehlen keine Rückkehr. Wir geben nur einen Rahmen vor, wie diese vonstatten gehen kann, wenn Sportverbände sich das wünschen. Und über eine Teilnahme an den Olympischen Spielen in Paris 2024 wurde noch nicht entschieden. Das machen wir zu einem geeigneten Zeitpunkt, und lassen uns dann auch nicht davon leiten, ob sich Athleten eventuell für die Spiele qualifiziert haben.« Eine gewisse Unsicherheit bleibt also.
Die Betonung des »Handlungsrahmens« ist bedeutend. Schließlich liegt die Macht, Sportler aus Russland und Belarus ein- oder auszuladen, zumindest bis zum Beginn der Spiele in Paris bei den einzelnen Sportfachverbänden, und die entscheiden seit Monaten völlig unterschiedlich: Der internationale Boxverband lässt die Russen schon seit Oktober wieder starten: mit Hymne, Flagge und allem, was sonst noch dazugehört. Die Fechter – die ebenfalls einen russischen Präsidenten haben – wollen ab dem Start der Olympiaqualifikation Athleten der Kriegsinitiatoren wieder zulassen, und zwar nach den Empfehlungen des IOC, also unter neutraler Flagge. Der Leichtathletikverband World Athletics hingegen schließt Russen weiterhin aus. »Unsere Richtlinien geben nur einen Rahmen vor. Aber die Sportverbände haben die komplette Autorität hier«, bestätigte IOC-Sportdirektor Kit McConnell.
Thomas Bach wurde noch gefragt, wie er sich fühle, mit der Entscheidung eher Wladimir Putin zu gefallen als Wolodymyr Selenskyi. »Russen haben dem IOC schon vorgeworfen, US-Agenten zu sein. Und für manche Ukrainer sind wir Kriegstreiber. Wir stehen also irgendwo in der Mitte.« Moralisch gesehen ist das wahrscheinlich kein netter Ort.
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