Land Berlin erleichtert Vonovia um 4500 Wohnungen

Schwarz-roter Senat versorgt angeschlagenen Wohnungskonzern mit frischem Kapital

Eines der Häuser in der Lichtenberger Coppistraße, das die landeseigene Howoge von der Vonovia übernommen hat
Eines der Häuser in der Lichtenberger Coppistraße, das die landeseigene Howoge von der Vonovia übernommen hat

Sie haben es schon wieder getan. Wieder einmal kürt der schwarz-rote Senat den Kauf von Wohnraum zu einer großen Entscheidung. So groß, dass der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sich einen Tag nach der Senatspressekonferenz nochmals im Presseraum der Senatskanzlei die Ehre gibt.

Es geht um 4500 Wohnungen im Bezirk Lichtenberg und 40 Hektar Freiflächen im Bezirk Buch, die die landeseigenen Wohnungsunternehmen Howoge und Berlinovo aus dem Bestand des börsennotierten Wohnungsunternehmens Vonovia aufgekauft haben. Gesamtpreis: 700 Millionen Euro.

Mit dem Kauf wolle das Land Berlin Einfluss auf den Mietmarkt nehmen und einen wichtigen Schritt in Richtung bezahlbare Mieten gehen, sagt Wegner. Die dafür im Koalitionsvertrag vorgesehene Erweiterung des landeseigenen Bestandes auf 500 000 Wohnungen solle zwar in erster Linie durch Neubau erreicht werden. Der Ankauf sei aber ebenfalls Teil des Maßnahmenbündels. »Berlin hält jetzt 366 131 Wohnungen in seinen Händen«, sagte Finanzsenator Stefan Evers (CDU)

Laut Ulrich Schiller, Geschäftsführer der Howoge, sind die Wohnungen im Schnitt 60 Quadratmeter groß. Sie seien von Art und Zustand denen ähnlich, die die Howoge in nächster Nachbarschaft besitze. Man habe das sehr gepflegte Portfolio schon seit vielen Jahren im Blick. Die Durchschnittsmiete in den Plattenbauten liegt laut Vonovia bei 7,04 Euro pro Quadratmeter.

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Anders als andere große Wohnungsunternehmen unterhalte die Vonovia ihre Bestände gut, sagt Bausenator Christian Gaebler (SPD). Von der 40 Hektar großen Freifläche in Buch würden 26 Hektar als naturschutzrechtlicher Ausgleich für den Erhalt von Biodiversität unbebaut bleiben. Auf dem Rest werde der Bau von 2700 Wohnungen ab 2026 angestrebt. Die Berlinovo werde hier besonders bei der Entwicklung von Konzepten für Beschäftigtenwohnungen unterstützen.

Finanzsenator Evers unterstreicht die Wirtschaftlichkeit des Deals, da kein Geld aus dem Haushalt benötigt werde. Die Landeseigenen würden eigene Kredite aufnehmen. Evers sagt, der Erwerb sei nur durch die neue Kooperationsvereinbarung zwischen Senat und landeseigenen Wohnungsunternehmen möglich geworden. Danach sind erstmals Mietsteigerungen von bis zu elf Prozent innerhalb von drei Jahren erlaubt. Der Berliner Mieterverein befürchtet hingegen, dass die ausschweifende Geschäftstätigkeit den Druck auf die Mieten erhöhe.

Vonovia gilt als wirtschaftlich angeschlagen. Aufgrund sinkender Immobilienpreise wurde das Portfolio abgewertet. Dem hohen Verschuldungsgrad soll durch Verkäufe im Wert von drei Milliarden Euro im Jahr 2024 begegnet werden. »Der aktuelle Verkauf zu Buchwert belegt: Die Qualität unseres Bestandes ist hoch und gefragt«, teilt Vonovia »nd« mit.

Vonovia verfolge eine ähnliche Politik wie die Landeseigenen, sagt Senator Gaebler, »hat aber aufgrund ihrer privatrechtlichen Organisation manchmal weniger Spielraum«. Bürgermeister Wegner dankt Vonovia »ganz herzlich«. Der Kauf zeige, dass es bessere Wege gebe als »willkürliche ideologische und teure Enteignungen«. Der Senat gehe solche Wege.

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