Durch sieben Schiebetüren

Theaterstücke von Eugen Ruge in einem Band

  • Hans-Dieter Schütt
  • Lesedauer: ca. 5.0 Min.

Auch für den Träger dickster Brillengläser gilt die Unschuldsvermutung. Sie endet freilich, wenn er die Brille abnimmt und sich gefährlich festlegt: Er glaube nur, was er sehe. Das ist sie, die obskure Wahrheitsformel des Ideologen, der leidenschaftlich verschwommen auf die Welt blickt. Der sich freiwillig mit Blindheit schlägt, dies aber mit erhobener Zitterfaust Standpunkttreue nennt. Da ist selbst Fielmann machtlos.

Wilhelm zum Beispiel. Uraltgenosse. Im Knopfloch seines Gemüts die rote Nelke, im Geist das «nd» von vorvorgestern, und was immer er sagt, es wird ein Toast auf Stalin. Wilhelm feiert in Eugen Ruges Stück «Babelsberger Elegie» zwei Geburtstage, den 90., dann den 91. Es ist 1989, da hat der Parteipomp seinen letzten Auftritt, ein Jahr später dann, 1990, da aufersteht - aus dem Staatsmoder und dem Gesellschaftsmodder - nur noch die trotzig kommunistische Erinnerung. Und 1992, gewissermaßen im dritten Akt, da ist Wilhelm tot...


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