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Aus der Hachschara in den Kibbuz

Dauerausstellung über das jüdische Landwerk Ahrensdorf in der Oberschule Trebbin eröffnet

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 2 Min.
Auf dem Foto sehen Rolf Baruch und Lucie Hahn froh und glücklich aus. Zwei junge Juden, die sich 1936 bis 1939 im Hachschara-Landwerk Ahrensdorf auf ein Exil in Palästina vorbereiteten. Die Bildunterschrift erschüttert: Hahn durfte emigrieren, doch Baruch bekam keine Einreisegenehmigung für Palästina und starb 1941.
Eine Ausstellung über das Landwerk Ahrensdorf erhielt jetzt ihren festen Platz in der Oberschule von Trebbin (Teltow-Fläming). Kulturministerin Johanna Wanka (CDU) eröffnete die Schau gestern. Bisher handelte es sich um eine Wanderausstellung, die zwischendurch immer wieder im Depot des Luckenwalder Museums eingelagert wurde.
Hachschara ist ein hebräisches Wort, das Ausbildung beziehungsweise Vorbereitung bedeutet. Juden durften damals in NaziDeutschland kaum noch einen Beruf erlernen. Wer nach Palästina flüchten wollte, benötigte aber praktisches Wissen, um dort durchzukommen. Dieses Wissen eigneten sich 14- bis 17-Jährige in einem Jagdschloss bei Ahrensdorf nahe Trebbin an. Es gab Unterricht in Landwirtschaft und Handwerk, aber auch in Englisch und Hebräisch.
Mindestens 304 Jungen und Mädchen sind in dem von einem Berliner Samengroßhändler gepachteten Jagdschloss gewesen. Die Ausstellung informiert, was aus den Jugendlichen wurde: 128 gelangten nach Palästina, 18 nach Schweden. Die erste Gruppe erreichte im Frühjahr 1939 Palästina, berichtete gestern Winand Jansen vom Förderverein für eine Begegnungsstätte Hachschara-Landwerk Ahrensdorf. Doch viele konnten sich nicht retten, starben in den Konzentrationslagern Buchenwald, Auschwitz und Majda-nek. Die Nazis hatten das von der zionistischen Jugendbewegung »Makkabi Hazair« betriebene Landwerk 1941 aufgelöst und die Insassen deportiert. Die Überlebenden wohnen heute in den verschiedensten Ecken der Welt. Wer sich in Israel niederließ, tat das oft in einem Kibbuz. Die Ausstellung zeigt unter anderem Fotos, Briefe, ein Abschlusszertifikat und ein Modell des 30 Hektar großen Hachschara-Geländes. Am Ort selbst erinnert ein Gedenkstein an die bis in die 1990er Jahre weitgehend unbekannten Details aus der Zeit der Naziherrschaft.
Zeitzeuge ist der frühere ND-Redakteur Werner Goldstein, der gestern zur Eröffnung der Ausstellung nach Trebbin fuhr. Er gehörte der Jugendbewegung »Makkabi Hazair« an und trainierte ab 1935 in Luckenwalde auf eigene Faust für Palästina, feierte in dieser Zeit oft den Sabbat in Ahrensdorf. Werner Goldstein erinnert sich, dass das immer besondere Stunden waren. Die Emigration gelang ihm nicht. Im November 1938 wurde der damals 18-Jährige verhaftet und ins KZ Sachsenhausen verschleppt.
Auf märkischem Territorium gab es einst zehn Hachschara-Ausbildungsstätten, unter anderem in Rüdnitz, Havelberg und Spreenhagen.

Die Ausstellung ist außer in den Ferien von Mo. bis Fr. zu besichtigen: Oberschule Trebbin, Goethestraße 18. Führungen und Sondertermine sind zu vereinbaren mit Frau Kieback donnerstags unter Tel.: (03 37 31) 155 64.

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