Muss ich als Rentner überhaupt Steuern zahlen?

Leserfragen zur Rentenbesteuerung

  • Lesedauer: 5 Min.
Vor einer Woche hatten wir an dieser Stelle Tipps gegeben, wie man bei der Einkommensteuererklärung mehr beim Fiskus herausholen kann. Dazu haben uns etliche Leserfragen erreicht. Dabei ging es im Wesentlichen um zwei Fragen: Muss ich als Rentner eine Steuererklärung abgeben? Und wie sieht es mit der Besteuerung von Renten aus?

Wer ist steuerpflichtig?

Grundsätzlich muss jeder Steuerpflichtige, der Einkünfte erzielt hat, für das betreffende Kalenderjahr eine Steuererklärung abgeben. Steuerpflichtig ist jeder, der in Deutschland wohnt oder sich gewöhnlich in Deutschland aufhält.

Renten-Beispielrechnung

Herr S. geht 2016 in Rente und bekommt monatlich 1400 Euro Rente, also im Jahr 16 800 Euro. Davon muss er 72 Prozent versteuern, das sind 12 096 Euro. Davon wird der Grundfreibetrag abgezogen. Das sind für Ledige 8652 Euro. Außerdem macht er als Sonderausgaben die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung geltend, somit kann er nochmals 1424 Euro abziehen. Am Ende muss er also für 2020 Euro Steuern zahlen, das sind etwa 187 Euro im Jahr 2016.

Nach dem sogenannten Alterseinkünftegesetz müssen seit dem 1. Januar 2005 auch Rentner eine Steuererklärung abgeben. Auch für das Jahr des Todes muss eine Steuererklärung eingereicht werden - das müssen die Erben übernehmen.

Woran kann ich erkennen, ob ich steuerpflichtig bin?

Laut Gesetz ist der Steuerpflichtige selbst dazu verpflichtet, sich um mögliche Steuerzahlungen zu kümmern. Wer absehen kann, dass sein Einkommen nach möglichen Abzügen oberhalb des Freibetrags liegt, sollte also eine Lohnsteuererklärung abgeben.

Hilfe können hier das Finanzamt, die Lohnsteuer-Hilfevereine (für Mitglieder) oder der Bund der Steuerzahler (für Mitglieder) geben. Da das Finanzamt von der Rentenversicherung die Daten über die Rentenzahlungen bekommt, weiß es auch, ob Steuern fällig sind. Das Finanzamt prüft dies in jedem einzelnen Fall und schreibt die Rentner an, falls diese keine Lohnsteuererklärung abgegeben haben.

Ab wann müssen Rentner Steuern zahlen?

Immer mehr Rentner müssen Steuern zahlen. Der Grund: Ab 1. Juli 2016 steigen die Altersbezüge zwischen 4,3 und 5 Prozent. Da der Grundfreibetrag für 2016 von 8652 Euro für Ledige und 17304 Euro für Verheiratete geringer steigt als die Rentenerhöhung ab 1. Juli 2016, überschreiten im Jahr 2016 rund 70 000 Rentner den Grundfreibetrag und werden steuerpflichtig, müssen also eine Steuererklärung abgeben. Davon betroffen sind dann insgesamt 3,9 Millionen Ruheständler, also jeder Fünfte.

Was bedeutet der Grundfreibetrag? Wie hoch ist er 2015?

In der Rentenbesteuerung spielt sowohl der Rentenfreibetrag als auch der Grundfreibetrag eine wichtige Rolle. Der Grundfreibetrag dient der Absicherung des Existenzminimums. So wird ein zu versteuerndes Einkommen bis zum Grundfreibetrag keiner Einkommensteuer unterworfen.

Wenn das Einkommen nach verschiedenen Abzügen (Werbungskosten, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen, Entlastungs- und Freibeträge) jedoch über dem Grundfreibetrag liegt, fallen Steuern an.

Die Bundesregierung hatte im März 2015 beschlossen, den Grundfreibetrag 2015 sowie weitere Freibeträge nachträglich zu erhöhen. Bundestag und Bundesrat stimmten im Sommer 2015 dieser Gesetzesänderung zu. Danach liegt der Grundfreibetrag für Ledige für das Steuerjahr 2015 bei 8472 Euro - etwa 700 Euro im Monat - und für steuerlich gemeinsam veranlagte Ehepaare bei 16 944 Euro. Die Summe steigt aber jedes Jahr ein wenig. Für 2016 liegt der Grundfreibetrag für Ledige bei 8652 Euro für für Verheiratete bei 17 304 Euro.

Wie hoch ist der Rentenfreibetrag, also der zu nicht zu versteuernde Teil der Rente?

Wie viel von der Rente versteuert wird, richtet sich nach dem Jahr des Rentenbeginns. Ein Teil der gesetzlichen Rente ist steuerfrei. Das ist der sogenannte Rentenfreibetrag.

Der Rentenfreibetrag sinkt jedes Jahr um zwei Prozentpunkte. Das wurde mit Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes 2005 beschlossen. Wenn Sie am 31. Dezember 2004 bereits Rentner waren, beträgt Ihr Freibetrag 50 Prozent der Jahresbruttorente 2005. Wer 2040 oder später in Rente geht, muss seine Rente grundsätzlich in voller Höhe versteuern (siehe nebenstehende Tabelle).

Der Rentenfreibetrag ist ein fester Eurobetrag, der bleibt auch in den Folgejahren unverändert. Dieser Prozentsatz gilt auch dann, wenn die Rente durch Rentenerhöhungen weiter steigt. Beachten Sie aber: Der zu Beginn der Rente festgelegte individuelle Rentenfreibetrag führt dazu, dass die jährlichen Rentenerhöhungen in voller Höhe, also zu 100 Prozent, versteuert werden. Rentenanpassungen erhöhen somit das individuelle steuerpflichtige Renteneinkommen.

Für die Berechnung des Rentenfreibetrags wird die Jahresbruttorente zugrunde gelegt. Da die meisten Renten im ersten Jahr für weniger als zwölf Monate gezahlt werden, wird der endgültige Rentenfreibetrag erst aus der vollen Jahresbruttorente des zweiten Rentenbezugsjahres ermittelt.

Wenn Sie Ihre Rente zeitweilig als Teilrente erhalten oder Ihre Rente wegen einer Einkommensanrechnung gekürzt wird, wird auch der Rentenfreibetrag entsprechend angepasst. Auch gekürzte Renten können voll steuerpflichtige Teile enthalten. Diese Teile beruhen auf regelmäßigen Rentenanpassungen, deren Grundlage immer die ungekürzte Rente ist. Daher entspricht der prozentuale Anteil des Anpassungsbetrages einer gekürzten Rente dem der ungekürzten Rente.

Welche Einkommen sind alles steuerpflichtige Einkünfte?

Zu den steuerpflichtigen Einkünften zählt nicht nur die gesetzliche Rente, sondern auch andere Einkünfte wie etwa Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, Betriebsrenten, Zusatzversorgungsrenten, Zinseinnahmen, selbstständige und nicht selbstständige Arbeit.

Zu beachten ist dabei noch, dass zum Beispiel Betriebsrenten oder Grundrenten nicht zu 100 Prozent als Einkünfte angerechnet werden.

Welche Sonderausgaben sind steuerlich absetzbar?

Auch Rentner können Sonderausgaben steuerlich absetzen. Für sie gelten grundsätzlich dieselben Regelungen, wie sie für Arbeitnehmer bestehen. Dazu zählen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, Krankheitskosten, Arzt- und Medikamentenrechnungen, Pflegeheimkosten, Beerdigungskosten, Beiträge zur privaten Haftpflicht- und Unfallversicherung, Spenden oder Werbungskosten. nd

Die Prozentsätze von Jahr zu Jahr zur Berechnung des Rentenfreibetrags

1. Zahl Jahr des Rentenbeginns; 2. Zahl Besteuerungsanteil in Prozent; 3. Zahl Prozent des Rentenfreibetrags.

2005 50 50
2006 52 48
2007 54 46
2008 56 44
2009 58 42
2010 60 40
2011 62 38
2012 64 36
2013 66 34
2014 68 32
2015 70 30
2016 72 28
2017 74 26
2018 76 24
2019 78 22
2020 80 20
2021 81 19
2022 82 18
2023 83 17
2024 84 16
2025 85 15
2026 86 14
2027 87 13
2028 88 12
2029 89 11
2030 90 10
2031 91 9
2032 92 8
2033 93 7
2034 94 6
2035 95 5
2036 96 4
2037 97 3
2038 98 2
2039 99 1
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