Abschlussbeurteilung: Formulierungen entscheiden über die Aussage eines Zeugnisses

Ich habe auf meinen Wunsch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein qualifiziertes Zeugnis erhalten. In dem Zeugnis wird mir bestätigt, dass ich mich bemüht habe, die mir übertragenen Aufgaben zur Zufriedenheit des Arbeitgebers zu erledigen. Mein Bekannter meint, dass dies eine denkbar schlechte Beurteilung meiner Leistungen ist. Aus der Formulierung würde sich ergeben, dass meine Leistungen ungenügend waren. Ist ein solcher Widerspruch zwischen Formulierung und Aussage denkbar?
Annegret J., Dessau

Streitigkeiten über den Inhalt eines Zeugnisses beschäftigen immer wieder die Arbeitsgerichte. Dabei geht es insbesondere darum, ob das Zeugnis die wahren Leistungen des Arbeitnehmers im Arbeitsprozess widerspiegelt.
Beurteilt ein Arbeitgeber die Leistungen und das Verhalten des Arbeitnehmers, so muss das Zeugnis einerseits der Wahrheit entsprechen, andererseits aber auch vom Wohlwollen des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer getragen sein, um dessen weiteres Fortkommen nicht zu erschweren.
Aus diesem Spannungsverhältnis heraus hat sich eine so genannte »Zeugnissprache« entwickelt, die von den Personalabteilungen der Betriebe sehr wohl verstanden wird, beim Arbeitnehmer dagegen oft zu Missverständnissen über die wahre Beurteilung seiner Leistungen und seines Verhaltens führen kann.

Die Fallen der Zeugnissprache: Um sich in der Zeugnissprache einigermaßen zurecht zu finden, sollten die in der Regel gängigen Formulierungen und ihre tatsächliche Bedeutung bekannt sein. Für die Leistungsbeurteilung gelten allgemein folgende Aussagen:
Der Arbeitnehmer hat die ihm übertragenen Aufgaben
- stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt (bescheinigt sehr gute, überdurchschnittliche Leistungen);
- stets zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt (bringt eine gute Leistung zum Ausdruck);
- zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt (beschreibt eine befriedigende, durchschnittliche Leistung);
- zu unserer Zufriedenheit erledigt (bescheinigt eine unterdurchschnittliche, aber ausreichende Leistung);
- im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit erledigt (die Leistung wird insgesamt als mangelhaft bewertet);
- hat sich bemüht, die ihm übertragene Arbeit zu unserer Zufriedenheit zu erledigen (bedeutet eine völlig ungenügende Leistung).
Gebraucht werden auch weitere, noch verklausuliertere Formulierungen. Nur ein Beispiel: Die Einschätzung, »der Arbeitnehmer führte die ihm übertragenen Arbeitsaufgaben mit Fleiß und Interesse durch« bedeutet, dass er praktisch diesen Aufgaben nicht gewachsen war.

Vorsicht auch bei der Führungsbeurteilung: Wie die Beurteilung der Leistungen des Arbeitnehmers, so hat auch die Beurteilung seiner Führung und seines Verhaltens ihre eigene Sprache.
Wird dem Arbeitnehmer sein Verhalten zu Vorgesetzten, Arbeitskollegen und Kunden als stets vorbildlich attestiert, so gilt das als ein Hinweis auf sehr gute, überdurchschnittliche Leistungen. Fehlt in der Beurteilung das Wörtchen »stets«, so bedeutet das nur die Note »gut«.
Zu beachten ist ferner, an welcher Stelle Vorgesetzte und Kollegen genannt werden. Wird der Vorgesetzte z.B. nur an zweiter Stelle genannt, so lautet die Beurteilung »befriedigend«. Ein »Ausreichend« kommt darin zum Ausdruck, dass nur der Vorgesetzte oder nur die Kollegen genannt werden. Fehlen beide in der Beurteilung und heißt es nur, »sein persönliches Verhalten war insgesamt einwandfrei«, so ist das als »mangelhaft oder ungenügend« zu lesen.

Berichtigungsanspruch vor Gericht durchsetzbar: Durch die Beschönigung der wahren Aussage wird nicht nur der Wert des Zeugnisses beeinträchtigt. Die »Zeugnissprache« führt oft auch zu Zeugnisberichtigungsklagen.
Will ein Arbeitnehmer auf Berichtigung des Zeugnisses klagen, so muss er im Klageantrag genau beschreiben, was im und in welcher Form das Zeugnis geändert werden soll.
Bei der Entscheidung gehen die Gerichte vom Wortlaut des § 109 der Gewerbeordnung aus. Danach muss ein Zeugnis klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale und Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.
Dr. PETER RAINERIch habe auf meinen Wunsch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein qualifiziertes Zeugnis erhalten. In dem Zeugnis wird mir bestätigt, dass ich mich bemüht habe, die mir übertragenen Aufgaben zur Zufriedenheit des Arbeitgebers zu erledigen. Mein Bekannter meint, dass dies eine denkbar schlechte Beurteilung meiner Leistungen ist. Aus der Formulierung würde sich ergeben, dass meine Leistungen ungenügend waren. Ist ein solcher Widerspruch zwischen Formulierung und Aussage denkbar?
Annegret J., Dessau

Streitigkeiten über den Inhalt eines Zeugnisses beschäftigen immer wieder die Arbeitsgerichte. Dabei geht es insbesondere darum, ob das Zeugnis die wahren Leistungen des Arbeitnehmers im Arbeitsprozess widerspiegelt.
Beurteilt ein Arbeitgeber die Leistungen und das Verhalten des Arbeitnehmers, so muss das Zeugnis einerseits der Wahrheit entsprechen, andererseits aber auch vom Wohlwollen des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer getragen sein, um dessen weiteres Fortkommen nicht zu erschweren.
Aus diesem Spannungsverhältnis heraus hat sich eine so genannte »Zeugnissprache« entwickelt, die von den Personalabteilungen der Betriebe sehr wohl verstanden wird, beim Arbeitnehmer dagegen oft zu Missverständnissen über die wahre Beurteilung seiner Leistungen und seines Verhaltens führen kann.

Die Fallen der Zeugnissprache: Um sich in der Zeugnissprache einigermaßen zurecht zu finden, sollten die in der Regel gängigen Formulierungen und ihre tatsächliche Bedeutung bekannt sein. Für die Leistungsbeurteilung gelten allgemein folgende Aussagen:
Der Arbeitnehmer hat die ihm übertragenen Aufgaben
- stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt (bescheinigt sehr gute, überdurchschnittliche Leistungen);
- stets zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt (bringt eine gute Leistung zum Ausdruck);
- zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt (beschreibt eine befriedigende, durchschnittliche Leistung);
- zu unserer Zufriedenheit erledigt (bescheinigt eine unterdurchschnittliche, aber ausreichende Leistung);
- im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit erledigt (die Leistung wird insgesamt als mangelhaft bewertet);
- hat sich bemüht, die ihm übertragene Arbeit zu unserer Zufriedenheit zu erledigen (bedeutet eine völlig ungenügende Leistung).
Gebraucht werden auch weitere, noch verklausuliertere Formulierungen. Nur ein Beispiel: Die Einschätzung, »der Arbeitnehmer führte die ihm übertragenen Arbeitsaufgaben mit Fleiß und Interesse durch« bedeutet, dass er praktisch diesen Aufgaben nicht gewachsen war.

Vorsicht auch bei der Führungsbeurteilung: Wie die Beurteilung der Leistungen des Arbeitnehmers, so hat auch die Beurteilung seiner Führung und seines Verhaltens ihre eigene Sprache.
Wird dem Arbeitnehmer sein Verhalten zu Vorgesetzten, Arbeitskollegen und Kunden als stets vorbildlich attestiert, so gilt das als ein Hinweis auf sehr gute, überdurchschnittliche Leistungen. Fehlt in der Beurteilung das Wörtchen »stets«, so bedeutet das nur die Note »gut«.
Zu beachten ist ferner, an welcher Stelle Vorgesetzte und Kollegen genannt werden. Wird der Vorgesetzte z.B. nur an zweiter Stelle genannt, so lautet die Beurteilung »befriedigend«. Ein »Ausreichend« kommt darin zum Ausdruck, dass nur der Vorgesetzte oder nur die Kollegen genannt werden. Fehlen beide in der Beurteilung und heißt es nur, »sein persönliches Verhalten war insgesamt einwandfrei«, so ist das als »mangelhaft oder ungenügend« zu lesen.

Berichtigungsanspruch vor Gericht durchsetzbar: Durch die Beschönigung der wahren Aussage wird nicht nur der Wert des Zeugnisses beeinträchtigt. Die »Zeugnissprache« führt oft auch zu Zeugnisberichtigungsklagen.
Will ein Arbeitnehmer auf Berichtigung des Zeugnisses klagen, so muss er im Klageantrag genau beschreiben, was im und in welcher Form das Zeugnis geändert werden soll.
Bei der Entscheidung gehen die Gerichte vom Wortlaut des § 109 der Gewerbeordnung aus. Danach muss ein Zeugnis klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale und Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.
Dr. PETER RAINER

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