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Lesenswert, anregend und ergreifend

Lichtenberger Abiturienten beschäftigten sich mit Antifaschisten, die Straßen ihre Namen gaben

  • Hans-Jürgen Neßnau
  • Lesedauer: 2 Min.
Zahlreiche Straßen am Fennpfuhl, dem Kiez in Lichtenberg mit über 30 000 Einwohnern, sind nach antifaschistischen Widerstandskämpfern benannt - unter ihnen Anton Saefkow, Franz Jacob, Bernhard Bästlein. Täglich sind diese Namen in aller Munde. Doch welche Persönlichkeit sich dahinter verbirgt, ist oft unbekannt.
»In Auseinandersetzung mit rechtsextremen Ausschreitungen entstand die Idee, die Lebensläufe dieser mutigen Frauen und Männer wieder in Erinnerung zu bringen«, erläuterte Sabine Nacke, Kiezbewohnerin, die »als Kind den Krieg mit all' seinen Schrecken erlebte«, wie sie sagt. Gedacht war das Unterfangen als Information und Aufklärung, aber auch als Mahnung, rechtsextremen Erscheinungen zu begegnen. Einen Partner fand sie im damaligen Georg-Christoph-Lichtenberg-Gymnasium.
2005 startete der Leistungskurs Deutsch des 12. und 13. Schuljahres das Projekt, Lebensläufe von Widerstandskämpfern zu erforschen. Die 21 Schüler hätten »überaus engagiert recherchiert, nachgefragt und geforscht«, so Deutsch- und Englisch-Lehrerin Doris Mnich. Dazu gehörten auch ein Besuch der Gedenkstätte Brandenburg-Görden sowie ein Treffen mit den Töchtern von Anton Saefkow, Judith Auer und Alfred Jung. Nachempfunden, nacherlebt und ausgestattet mit Bildern und Porträts, haben die Schüler die Lebensläufe von 19 Frauen und Männern niedergeschrieben und zum Ausdruck gebracht, welche Beziehung sie zu »ihrem« Antifaschisten gefunden haben.
»Es ist der schrecklichste Ort, an dem ich jemals war«, schreibt Olga Bauer von der Jahrgangsstufe 12 nach dem Besuch im Hinrichtungsraum des Zuchthauses Brandenburg-Görden. »1798 unschuldige Menschen, die alles aufgaben, um für den Frieden zu kämpfen, starben hier«, berichtet sie in der Broschüre »Rund um den Fennpfuhl - Antifaschisten in aller Munde«. Olga ist 19 Jahre alt und wohnt in der Rudolf-Seiffert-Straße. Bis vor kurzem sei dies nur die Straße, wo sie wohne, gewesen. Inzwischen habe sie mehr über einige der Persönlichkeiten hinter den Straßennamen im Kiez erfahren. Zu ihnen gehörte auch Rudolf Seiffert - Arbeiter, Kommunist, Revolutionär, Kämpfer gegen den Faschismus.
Seit mehr als fünf Jahren wohne sie in der Arthur-Weisbroth-Straße, so Christin Schiebel, ebenfalls von der ehemaligen Jahrgangsstufe 12. Im Zuge des Schulprojektes habe sie sich intensiv mit »ihrem« Widerstandskämpfer beschäftigt. Als Sohn einer Arbeiterfamilie sei er im Kommunistischen Jugendverein aufgewachsen und ab 1933 illegal als Kurier unterwegs gewesen. Er organisierte die Unterstützung von Menschen, die vom Naziregime verfolgt wurden. Er wurde nur 36 Jahre alt.
Als »lesenswert, anregend und ergreifend« würdigt Lichtenbergs Bezirksbürgermeisterin Christina Emmrich (Linkspartei.PDS) die Publikation. Beim Lesen sei zu spüren, mit wie viel Neugier, Engagement und Hartnäckigkeit die jungen Menschen aus dem nunmehrigen Herder-Gymnasium das Thema antifaschistischer Widerstand bearbeitet haben.

Infos zur Broschüre: Johann-Gottfried-Herder-Schule, Tel. 97 60 95 67.
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