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Katoeys im Sex-Mekka Pattaya
Erste Transsexuelle Aids-Hilfe in Thailand berät auch bei Diskriminierung
In Thailand fühlt sich keine der AidsBeratungsstellen für die Transsexuellen zuständig, dabei steigt gerade bei ihnen die Infektionsrate enorm. Jetzt haben die »Sisters« (Schwestern) zur Selbsthilfe gegriffen.
Korakoch Singmunag ist eine wunderschöne Frau. Jeder schaut ihr nach, wenn sie auf ihrem Moped durch Pattaya fährt, ihr langes, seidig-schwarzes Haar im Wind weht. Männer mit begehrlichen Augen. Frauen mit einem gewissen Neid. Bloß, die Schönheit ist gar keine Frau. Zumindest nicht im biologischen Sinne. Korakoch ist ein Mann. Aber - sie selbst empfindet sich als Frau. Korakoch ist eine »Katoey«, wie die Thailänder Transsexuelle nennen und sie ist die Chefin von Thailands erster Organisation für Katoeys, die »Sisters« heißt und in Pattaya beheimatet ist. Die Stadt am Golf von Siam ist das Epizentrum des thailändischen Sextourismus. Auf mindestens 4000 wird die Zahl der Katoeys in Pattaya geschätzt. In der Hauptsaison können es noch mehr sein. Alleine in den drei großen Kabarett-Shows Simon, Alcazar und Tiffany arbeiten laut der Katoey-Forscherin Carol Jenkins gut 1000 »richtige Showgirls«. Aber das Gros ihrer Geschlechtsgenossinnen verkauft in den Go-Go-Bars und Bierschuppen ihre Körper an Sextouristen aus aller Welt. »Katoeys haben so gut wie keine Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Was bleibt, sind die Unterhaltungsindustrie und die Prostitution«, klagt Korakoch. Aids-Aufklärung aber für diese Gruppe suchte man bisher vergeblich. Die »Ladyboys«, wie sie im Thai-Englisch genannt werden, passen in keine Schublade. Von den in der Aids-Aufklärung aktiven Behörden und Organisationen fühlt sich keine zuständig. Sie sind keine Männer, obwohl sie biologisch welche sind und das auch - wie Korakoch - bleiben wollen. »Viele von uns wollen keine Geschlechtsumwandlung.« Katoeys haben Sex mit Männern, sind aber nicht schwul. Von der Gesellschaft und dem Gesetz werden sie nicht als Frauen anerkannt, was sich in vielfältigen Diskriminierungen niederschlägt, etwa im Gesundheitswesen, wo sie - wenn überhaupt - als Männer behandelt werden. Wie stark Katoeys im Land von HIV und Aids betroffen sind, weiß niemand. Wird eine »HIV positiv« getestet, landet das Ergebnis in der Statistik unter »Männer«. John Hetherington sagt, die Zahl der HIV-Neuinfektionen unter »Männern, die mit Männern Sex haben« (MSM) sei 2005 in Thailand von 17 auf 28 Prozent emporgeschnellt. »Aus anderen Ländern wissen wir, dass die Infektionszahlen unter Transgender höher sind als unter MSM. Das wird hier auch so sein«, ist sich der Chef der thailändischen Branche von »Population Services International« (PSI) sicher, jener Organisation, die »Sisters« ins Leben gerufen hat und finanziert. Eine Ursache für die hohe Infektionsrate liegt in der sexuellen Gewalt. Wieder gibt es keine Zahlen. Das Ausmaß kann nur geschätzt werden. Laut Jenkins werden im Norden Thailands 26 Prozent aller schwulen und bisexuellen Männer und 32 Prozent der lesbi-schen/bisexuellen Frauen Opfer von Vergewaltigungen. Das lasse die Vermutung zu, dass Personen »mit Variationen in ihrem Geschlechtsempfinden« in »mindestens ähnlichem Ausmaß zu Sex gezwungen werden«. Auf die Polizei können Katoeys nicht bauen. Im Gegenteil: Finden Polizisten bei ihnen mehr als zwei Kondome, werde das oft als »Beweis« für Prostitution ausgelegt und als Vorwand, um sexuelle Dienstleistungen oder Geld zu erpressen, schreibt Jenkins in einer Studie. Die »Schwestern« handeln nach dem Motto: »Gemeinsam sind wir stark.« Ihr »Outreach«-Center in einem Brennpunkt des Rotlicht-Millieus ist seit der Gründung im November 2005 zu einem Anlaufpunkt der Katoeys geworden. Neben Aids-Aufklärung bietet das Zentrum Hilfe bei sozialen Problemen. Aber es ist auch ein Ort zum Entspannen, um Erfahrungen auszutauschen oder sich gegenseitig beim Schminken und Auffummeln für die Nacht zu helfen. 18 Mitarbeiterinnen ziehen in ihren rosa T-Shirts durch die Bars, verteilen Kondome und gute Ratschläge. »Wir haben gute Beziehungen zu den Mamasans (Puffmanager) und können so viele "Schwestern" erreichen«, strahlt Korakoch. »Empowerment« (deutsch: Bevollmächtigung) nennt Hetherington diese Form der Selbsthilfe, die gar auf königliche Unterstützung zählen kann. Die Gründung von »Sisters« wurde mit einer Gala in einem Luxushotel in Bangkok gefeiert, bei der Prinzessin Ubol Ratana, eine Tochter von Thailands König Bhumipol, die Schirmherrschaft übernommen hatte. Das war ein großer Tag für Korakoch. »Die Gesellschaft muss...Zum Weiterlesen gibt es folgende Möglichkeiten:
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