Ende Gelände für rechte Gewalt

Opferperspektive fordert klare Positionierung bei Landtagsdebatte am Freitag

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Politik rede über »linke Krawallmacher« und vergesse dabei die Angriffe von Neonazis auf Umweltaktivisten, rügt der Verein Opferperspektive.

Brandenburg unterstütze unverändert den Ausstieg Deutschlands aus der Atomenergie bis zum Jahr 2022. Da aber nicht absehbar sei, wann eine vollständige und bezahlbare Stromversorgung aus erneuerbaren Energiequellen möglich sein werde, bleibe die Braunkohle »als Brückentechnologie in der Energiewende von besonderer Bedeutung«. So steht es in einem Antrag von SPD und LINKE, der am Freitag im Landtag genauso behandelt werden soll, wie fünf andere Anträge zur Energiepolitik, in denen es beispielsweise um Windräder und um eine neue Perspektive für das Kohlerevier in der Lausitz geht.

Abgesehen von den Grünen brachten alle Fraktionen einen oder mehrere Anträge zur Energiepolitik ein. Es geht dabei auch noch einmal um die Protestaktion »Ende Gelände«, bei der Umweltaktivisten Pfingsten den Braunkohletagebau Welzow-Süd besetzten und das Kraftwerk Schwarze Pumpe zu erstürmen versuchten.

Die rot-rote Koalition bezeichnet das Demonstrationsrecht und die Meinungsfreiheit in ihrem Antrag als hohe Güter. Umso wichtiger sei es, dass Aktionen wie die von »Ende Gelände« friedlich ablaufen. Der Landtag soll die Ausschreitungen am Pfingstwochenende verurteilen.

Ginge es nach der AfD, so würde der Landtag beschließen, dass Regierung und Polizeiführung in Zukunft »dem Konzept der Deeskalation keinen Vorrang gegenüber dem Aufrechterhalten der rechtsstaatlichen Ordnung einräumen«. Nach dem Willen der AfD sollen »alle Vergehen und Straftaten, die im Rahmen der Pfingstkrawalle begangen wurden, verfolgt werden«. Die Polizei habe den »Ökoterroristen« nahezu freie Hand gelassen, schimpft die AfD. Sie verlangt außerdem, dass der Landtag die angebliche »moralische Unterstützung der Ausschreitungen« durch Grüne und LINKE brandmarkt. Beobachter bestätigen, die Polizei habe tatsächlich auf Deeskalation gesetzt. Aus der Linksfraktion heißt es, Bilder von gewaltsamen Zusammenstößen wie bei »Ende Gelände« ein Jahr zuvor im rheinischen Tagebau Garzweiler sollten vermieden werden. Am Kraftwerk Schwarze Pumpe, wo Aktivisten Zäune niederlegten und eindrangen, versprühte die Polizei dann aber Pfefferspray, schubste und knüppelte. Hier wäre es gefährlich geworden, so heißt es zur Rechtfertigung, wenn Unbefugte ahnungslos oder absichtsvoll an Ventilen gedreht hätten. Kessel hätten dann im schlimmsten Fall explodieren können.

Im Vorfeld der Landtagsdebatten kritisierte der Verein Opferperspektive am Dienstag, »dass massive rechte Angriffe bisher völlig ausgeblendet werden«. Vereinsmitarbeiter Joschka Fröschner erklärte: »Trotz der aktuellen Welle rechter Gewalttaten wird zu körperlichen Angriffen durch Neonazis während der ›Ende Gelände‹-Proteste geschwiegen. Stattdessen ist ausschließlich von linken Krawallmachern die Rede. Dies lässt daran zweifeln, dass das Ausmaß des Problems rechter Gewalt von allen Politikern erkannt wird.« Gerade deshalb dürfe eine klare Positionierung gegen rechte Gewalt bei der Landtagsdebatte am Freitag nicht fehlen.

Die Opferperspektive hat nach eigenen Angaben Kenntnis von vielen Attacken. So sei eine Mahnwache von »Ende Gelände« im Spremberger Ortsteil Tscherpe durch Vermummte mit Baseballschlägern angegriffen worden. Unbekannte versuchten, Demonstranten mit Autos von der Straße abzudrängen, und im Klimacamp in Proschim sei mindestens eine Person durch Maskierte zu Boden geschlagen und getreten worden. In Spree-Neiße und Cottbus habe es 2016 bereits 32 rechte Angriffe gegeben - die Pfingstattacken noch nicht mitgezählt. Wenn die Neonaziübergriffe auf »Ende Gelände« nicht thematisiert werden, könnte dies die bereits etablierte rechte Szene in der Gegend bestärken, befürchtet und warnt die Opferperspektive.

LINKE und Grüne haben das auf dem Schirm. Diese beiden Parteien verurteilten die Neonaziangriffe schon unmittelbar nach Pfingsten.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.